DER SPIELZUG DES SCHICKSALS

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FOOTBALL

ACHT JAHRE IST DAS SENSATIONELLSTE FINISH IN DER GESCHICHTE DES SUPER BOWLS HER – EIN PLAY, DAS DIE EINE DYNASTIE ZERFLEDDERTE, WÄHREND ES EINER ANDEREN NEUEN AUFTRIEB VERLIEH. DEN MEISTEN WIRD ES WEGEN EINES EINZIGEN SPIELZUGS IN ERINNERUNG BLEIBEN. ABER FÜR ALL JENE, DIE AUF DEM FELD STANDEN, GING ES UM VIEL MEHR

COLLAGE: THE SPORTING PRESS

MARSHAWN LYNCH ist einfach er selbst. Komme, was wolle. Wir sprechen mit ihm via Zoom, es ist Mitte Dezember, und er trägt ein schwarzes Sweatshirt mit hochgezogener Kapuze. Auf der Brust steht in Regenbogenbuchstaben „Gucci“. Immer wieder wabert der Rauch zweier „Black & Mild“-Zigarren mit Wein-Aroma durchs Bild.

Eines stellt er direkt klar. Auch wenn seine Karriere - aufgebaut über zwölf hochdekorierte, intensive und, sagen wir mal, spezielle NFL-Seasons hinweg - mit einer Menge Highlights aufwarten kann: Wenn man seinen Namen hört, muss man sofort an „Das Handoff, das nie passierte“ denken. Oder, wie Lynch es ausdrückt: „Das größte Play meiner Karriere hatte nichts mit mir zu tun. Wie lang ist das noch mal her?“

Fast acht Jahre sind seit jener Nacht in Arizona vergangen, in der der Super Bowl zuletzt am selben Ort stattfand wie 2023. Lynch seufzt, eher aus Ungläubigkeit denn aus Resignation, über das 2nd-and-Goal-Play von der 1-Yard-Linie in der letzten Minute des Super Bowl XLIX, als die Seahavvks den Ball warfen, statt ihn Lynch zu geben. Des Pass wurde abgefangen, und der Titel war für Seattle verloren. Lynch erzählt, am Tag vor diesem Interview habe ihn ein Fremder darauf angesprochen: „Mann, ich wünschte, die hätten dir damals beim Super Bowl den Ball gegeben..." Lynch sagt, das passiere ihm ungefähr einmal die Woche.

Alle Welt erinnert sich an Malcolm Butler, den ungedrafteten Cornerback-Rookie, der mit einer Goal Line Interception das Spiel an sich riss und den Patriots damit den 28:24-Sieg brachte. Das Play repräsentiert die drastischste Wendung der Ereignisse in der Geschichte des wichtigsten Spiels der NFL. Aber beim Super Bowl XLIX gab es noch eine Menge weiterer Momente, die Karrieren und Vermächtnisse hätten verändern können - und es in einigen Fällen auch getan haben. Bei vielen

Zuschauern von damals sind diese Spielzüge längst in Vergessenheit geraten. Aber jene, die auf dem Feld standen, erinnern sich genau. Und sie spüren das Nachbeben dieses Spiels auch heute noch, fast ein Jahrzehnt später.

JULIAN EDELMAN STIEG - nach sensationellen 105 Catches in der Saison 2013 - in die neue Saison ein, mal wieder ohne Ring. Der letzte Super-Bowl-Sieg der Patriots war ein Jahrzehnt her, und Edelman, damals bereits Receiver im sechsten Jahr, konnte sie nicht mehr hören, die Geschichten über die legendären Zeiten von Troy Brown, Tedy Bruschi und Willie McGinest. Sie hatten Titel geholt, eine Dynastie geprägt, sich jede