Der Fluch der Super-Eltern

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Mütter und Väter erleiden vor allem dann einen Burnout, wenn sie ein chronisch krankes Kind haben oder zu früh wieder Vollzeit arbeiten müssen, so dachte man. Doch das ist nur die halbe Wahrheit.

Maria Köpf ist Germanistin sowie pharmazeutischtechnische Assistentin und arbeitet als Wissenschaftsjournalistin in Klagenfurt.
SKODONNELL / GETTY IMAGES / ISTOCK (SYMBOLBILD MIT FOTOMODELLEN)

Ich schaffe das einfach nicht mehr. Am liebsten würde ich wegfahren und nie mehr zurückkommen. Ich suche nach der Liebe zu meinen Kindern in mir, aber was ich finde, ist Wut und Erschöpfung, Trauer und Schuld, weil ich versagt habe …« Vermutlich erinnern sich viele Eltern an derartige Gedanken. Denn manchmal kommt einfach zu viel zusammen: Der Nachwuchs trotzt oder provoziert schon seit Wochen, der Partner ist missgelaunt, die Oma krank, der Haushalt versinkt im Chaos und als Sahnehäubchen springt plötzlich das Auto nicht mehr an. Zum Glück handelt es sich meist nur um eine vorübergehende Phase der Verzweiflung.

Seit rund 20 Jahren mehren sich allerdings Berichte über Mütter und Väter, die sich offenbar dauerhaft vom Elternsein überfordert fühlen – so extrem, dass sie irgendwann vollkommen erschöpft sind und am Ende wirklich ihren Erziehungsjob »kündigen«. Nach Ansicht einer wachsenden Zahl an Forschern und Forscherinnen handelt es sich dabei um ein eigenes Krankheitsbild, das nicht mit einer Depression gleichzusetzen ist. Vielmehr lässt sich ein »Eltern-Burnout« mit speziell entwickelten Fragebogen eindeutig identifizieren (siehe Weblink und »Wie äußert sich ein Eltern-Burnout?«).

Eine von der Psychologin Isabelle Roskam geleitete Befragung von rund 12000 Müttern und 5000 Vätern in 42 Ländern ergab 2021, dass beispielsweise in den USA inzwischen bis zu acht Prozent an diesem Erschöpfungssyndrom leiden.

Dabei war das Phänomen noch in den 1970er Jahren in der Regel höchstens ein Thema, wenn Mütter und Väter über lange Zeit ein chronisch krankes oder behindertes Kind pflegten. Was also hat sich am Elternsein geändert? Und weshalb grassiert die Erkrankung laut den Befragungsergebnissen ausgerechnet in Ländern wie den USA, Belgien, Kanada oder Frankreich, während sie etwa in Kuba und der Türkei quasi unbekannt ist (siehe »Eine Frage der Kultur«)?

In Deutschland beschwerten sich laut einerForsa-Umfragebereits2019,alsovor der Covid-19-Pandemie, vier von zehn Vätern und Müttern, sie würden »sehr häufig unter Stress stehen«. Ein klinisch relevantes Burnout-Syndrom entwickelten hier zu Lande laut der wissenschaftlichen internationalen Vergleichsstudie zu dieser Zeit etwas unter zwei Prozent, was deutlich über dem internationalen Mittelwert liegt. In der Schweiz waren es sogar – ebenfalls schon »vor Corona« – bis zu 7 von 100 befragten Elternteilen. Trotz der einstelligen Werte sind

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