EIN FEUCHTER SCHATZ IM MOOR

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Deutschlands trockengelegte Moore setzen gewaltige Mengen an Treibhausgasen frei. Das könnte gestoppt werden: mit einer neuen, verblüffend grünen Form von Landwirtschaft.

Gunther Willinger ist Biologe und Wissenschaftsjournalist in Tübingen, guntherwillinger.de.
FARINA GRASSMANN / IMAGEBROKER / PICTURE ALLIANCE

Wenn der niederländische Landwirt Bart Crouwers in Gummistiefeln über sein Cranberry-Feld in der Krimpenerwaard östlich von Rotterdam stapft, dann ist das schmatzende Geräusch des Wassers Musik in seinen Ohren. 2016 fing er an, die ersten zwei Hektar Weideland in Moorland zurückzuverwandeln und dort Beerenpflänzchen zu setzen. Die Nachfrage nach regional und biologisch angebauten Cranberrys sei groß und der Preis gut, sagt Crouwers. Nachdem er im Jahr 2022 bereits 1,2 Tonnen Beeren ernten konnte, wurden es 2023 schon zwei Tonnen, 2024 soll der Ertrag auf vier Tonnen steigen. Parallel dazu will der Moorbauer weitere sieben Hektar ehemaliger Weideflächen in ähnlicher Weise bewirtschaften. Zunächst aber wird er sein Land den ganzen Winter über knöcheltief unter Wasser setzen.

Was Crouwers dort auf seinen nassen Feldern betreibt, ist Pionierarbeit. »Paludikultur« nennt sich die Idee, der er folgt. Der Klimaschutz in Deutschland steht und fällt mit der Schaffung neuer Moorgebiete, und die Moore haben nur dann eine Chance auf Wiederkehr, wenn sie zumindest teilweise wirtschaftlich nutzbar werden. Das erkannte schon der Moorforscher Hans Joosten in den 1990er Jahren. Damals entwickelte der inzwischen emeritierte Professor für Moorkunde an der Universität Greifswald das Konzept für eine nasse Land- und Forstwirtschaft. Ihren Namen leitete er aus dem lateinischen Wort »palus« ab. Es bedeutet Sumpf.

Vier Jahrhunderte lang galt in Mitteleuropa die Devise: Nur ein trockenes Moor ist ein gutes Moor. Mit immensem Aufwand wurden ganze Landstriche entwässert und dem Acker- und Siedlungsbau zugeführt. Noch älter ist der systematische Abbau des Torfs als Brennstoff. Im großen Stil verschwanden die Feuchtgebiete aus der Landschaft. Im Mittelalter bedeckten sie noch mehr als 1,8 Millionen Hektar oder rund fünf Prozent der Fläche der heutigen Bundesrepublik; davon ist ein knappes Drittel zum Beispiel unter Siedlungen und Infrastruktur verschwunden. Von den verbliebenen Moorböden – sie umfassen rund 1,3 Millionen Hektar – wurden mehr als 95 Prozent meist für die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung trockengelegt. Das bedeutet: Von den einstmals ausgedehnten Moorlandschaften Deutschlands ist fast nichts mehr übrig.

BART CROUWERS | Der niederländische Paludipionier betreibt Cranberry-Anbau auf seinen wiedervernässten Flächen. Der Umstieg von der herkömmlichen Landwirtschaft ist nicht leicht: Bis sich die Pflänzchen wohlfühlen, dauert es einige Jahre.
THE CRANBERRY COMPANY / REMCO ZWINKELS

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