DAS BASLER PROBLEM

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Pi ist bereits in Billardspielen, in Fraktalen und in Simulationen des Lebens aufgetaucht. In dieser Folge begegnet uns die Kreiszahl beim Basler Problem: einer unendlichen Summe.

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Seit Jahrhunderten beschäftigen sich Mathematiker mit unendlich langen Summen. In der Schule hatte ich einen ehrgeizigen Lehrer, der sie uns näherbrachte – die meisten Personen begegnen ihnen hingegen nur, wenn sie sich für das Studium eines mathelastigen Fachs entscheiden. Ich erinnere mich noch, wie ich mich damals wunderte, dass das Addieren unendlich vieler Summanden einen endlichen Wert liefern kann. Dafür müssen die Terme jedoch schnell genug klein werden. Das ist zum Beispiel für geometrische Reihen der Fall

Für Werte von x, die größer sind als eins, liefert die Reihe ein endliches Ergebnis, nämlich1 (1-1/x) .

In einer vergangenen Kolumne hatten wir schon gesehen, dass die geometrische Reihe für x = 2 (also 1 + ½ + ¼ +1 8 + …) den Wert 2 erreicht. 1644 fragte sich der italienische Mathematiker Pietro Mengoli, wie wohl der Grenzwert einer ganz ähnlich aussehenden Reihe sein könnte:

Doch es gelang ihm nicht, das Ergebnis zu berechnen. Auch andere scheiterten an der Aufgabe, darunter die Familie Bernoulli. Tatsächlich sollte es noch 90 Jahre dauern, bis eine Lösung gefunden wurde, die kein Geringerer als der damals 27-jährige Mathematiker Leonhard Euler erbrachte. Weil sowohl Euler als auch die Bernoulli-Familie in Basel lebten, ist die Aufgabe heute als »Basler Problem« bekannt. Dass es so lange dauerte, um einen Erfolg zu erzielen, wird klar, wenn man das unerwartete Ergebnis betrachtet: Euler berechnete den Grenzwert der Reihe als π2 /6.

Inzwischen wird das Ergebnis unter Nerds häufig als Basis für Witze genutzt, die auf etwas vollkommen Unerwartetes anspielen (»Was könnte denn wohl bei dieser Rechnung herauskommen?« – »Ist doch ganz offensichtlich: π2 /6!«). Aber wie kommt die Kreiszahl Pi bei einer unendlich langen Summe ins Spiel, die zunächst nichts mit Kreisen oder Geometrie zu tun hat? Schließlich addiert man nur das Inverse von Quadratzahlen.

Wie kommt Pi in die unendliche Summe?

Doch tatsächlich lässt sich auch dieses Problem geometrisch interpretieren, wie der schwedische Mathematiker Johan Wästlund von der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg 2010 erkannte – und zwar auf eine Weise, die auch Euler nicht gesehen hatte. Dessen ursprünglicher Beweis aus dem 18. Jahrhundert basierte sogar auf Annahmen, die erst 100 Jahre später bewiesen wurden. Streng genommen war also Eulers Nachweis, für den er drei Jahre gebraucht hatte, unvollständig.

Wie Wästlund gezeigt hat, lässt sich die unerwartete Lösung des Basler Problems durch ein physikalisches Gedankenexperiment erklären. Stellen Sie sich dazu vor, Sie stehen auf dem Nullp

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