DIE MÄCHTIGSTE FRAU AUF DEM HETHITERTHRON

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PUDUḪEPA

Sie war Priesterin, Diplomatin, Königin. Im 13. Jahrhundert v. Chr. herrschte Puduḫepa im Hethiterreich in Anatolien, gemeinsam mit ihrem Mann, Großkönig Ḫattušili III. Über eine Frau der Spätbronzezeit, die außerordentliche Macht auf sich vereinigte.

Dagmar Schediwy ist promovierte Psychologin und schreibt am liebsten über Sozial- und Genderthemen in der Archäologie. Sie lebt in Berlin.
KRÄHENSTEIN / FIRAKTIN, HETHITISCHES RELIEF BEI KAYSERI, TÜRKEI / CC BY-SA 3.0

Alle Worte, die Du geschrieben hast, sind sehr in Ordnung. Wir Großkönige sind Brüder, auch wenn der eine den anderen noch nie gesehen hat.« Was wie eine Botschaft von Herrscher zu Herrscher klingt, hat vor fast 3300 Jahren kein Mann, sondern eine Frau verfasst: Die Textstelle stammt aus einem Brief der hethitischen Königin Puduḫepa an den ägyptischen Pharao Ramses II. Die Worte der Regentin machen klar: Sie sah sich auf Augenhöhe mit dem mächtigsten Mann ihrer Zeit.

Puduḫepa gehörte zu den außergewöhnlichsten Frauen ihrer Epoche, der Spätbronzezeit. Sie regierte gleichberechtigt mit ihrem Gatten Ḫattušili III. über das Hethiterreich. Sie ernannte Beamte und Generäle, verhandelte Verträge und arbeitete die Bedingungen für dynastische Ehen aus. Nicht nur mit dem Pharao, sondern auch mit anderen Machthabern des Vorderen Orients stand sie in diplomatischem Kontakt.

Ob sie schon vor ihrer Ehe so selbstbewusst agierte, ist nicht bekannt. Als sie etwa 16-jährig den späteren hethitischen Großkönig Ḫattušili III. traf, lebte sie in der Stadt Lawazantiya im Land Kizzuwatna in Südostanatolien, wie der Orientalist Heinrich Otten in seinem Buch »Puduḫepa. Eine hethitische Königin in ihren Textzeugnissen« beschreibt. Wo Lawazantiya ganz genau gelegen hat, ist nicht gesichert. Puduḫepa war wie eine andere Grand Dame des alten Vorderen Orients, die akkadische Königstochter Enḫeduanna (2286–2251 v. Chr.), Prieste-rin der Ischtar. Und ebenso wie diese war sie von einer Eigenschaft der Göttin besonders fasziniert: ihrer – wie man heute sagen würde – Genderfluidität. Die Gottheit konnte, so jedenfalls die damalige Vorstellung, ihr Geschlecht nach Belieben wechseln. »Ischtar von Lawazantiya, meine Herrin, die du dir eine Gewandung mal wie ein Mann, mal wie eine Frau anziehst«, preist Puduḫepa die Göttin in einem Gebet, das auf Tontafeln aus der Hethiterhauptstadt Ḫattuša überliefert ist, dem heutigen Boğazkale in der Nordtürkei. Für ihre Rolle als Herrscherin hat ihr möglicherweise der Geschlechterwechsel als Vorbild gedient.

AUF EINEN BLICK

01 Im 13. Jahrhundert v. Chr. herrschte Ḫattušili III. über das Hethiterreich – und gleichberechtigt neben ihm seine Frau Puduḫepa, wie es Keilschrifttexte belegen.

02 Als Königin verhandelte die Ischtarpriesterin Verträge u

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