DIE KANNE DES KELTEN-FÜRSTEN

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GLANZSTÜCK

Im Grab des »Keltenfürsten vom Glauberg« kam eine außergewöhnliche Schnabelkanne zum Vorschein. Sie zeugt von der alten Fernbeziehung zu den Etruskern und trägt doch eine ureigene keltische Handschrift.

KELTENWELT AM GLAUBERG; FOTO: PAVEL ODVODY

Die bronzene Kanne ist beileibe nicht das einzige »Glanzstück«, das sich im Grab des so genannten Keltenfürsten vom Glauberg verbarg. Aber es ist ein ganz besonderes. Denn es zeigt: Auf dem schmalen Bergrücken im heutigen Mittelhessen lebte man zwar am Rand der antiken Welt, aber nicht hinter dem Mond. Vermutlich hatten keltische Handwerker, die mit der Kunst der Etrusker vertraut waren, diese Kanne gefertigt.

Gut vier Liter Honigwein hätten hineingepasst. Doch als man die Kanne vor ungefähr 2400 Jahren dem Verstorbenen in die Grabkammer stellte, enthielt sie nur Wasser und zwei Kilogramm reinen Honig. Das unfertige Gemisch sollte offenbar erst im Jenseits zu dem berauschenden Getränk vergären. Metallverbindungen aus dem Kannenmaterial haben über die Jahrtausende einer Zersetzung entgegengewirkt, so dass sich heute noch der Inhalt analysieren ließ.

Nur wenig weiß man über den so reich bestatteten Toten und seine Welt. Oberhalb des Grabhügels befand sich ein »Fürstensitz«, eine befestigte Höhensiedlung, deren politische Bedeutung wohl weit über die Grenzen der heutigen Wetterau hinausreichte. Sehr wahrscheinlich stand der Bestattete in irgendeiner Form an der Spitze der dort Lebenden. Waffen und ein Schild als Grabbeigaben zeichnen ihn als Krieger aus. Vielleicht übernahm er aber auch eine bedeutsame Rolle im Kult der Kelten.

Unklar ist sogar, ob er sich selbst als »Kelte« bezeichnet hätte. Den Namen hat die Fachwelt von antiken Autoren übernommen. Nun verwendet sie ihn als Sammelbegriff für jene Bewohner Europas, die gewisse kulturelle Gemeinsamkeiten erkennen lassen. Das war insbesondere ein auffälliger, floraler Kunststil, der sich ab 450 v. Chr. durchzusetzen begann – auch im heutigen Hessen, wie die Kanne belegt. Er definiert die so genannte Latènekultur. Ihre auffälligsten Merkmale sind maskenartige Gesichter, oft mit Schnurrbärten, Knubbelnase und großen Augen ausgestattet, sowie die spiralförmigen, rankenden Verzierungen. Beides findet sich auf der Bronzekanne in großer Zahl, etwa am kupfernen Henkelansatz. An Dekoration sparten die Kunstschaffenden der Latènezeit selten, sogar die Standfläche der Kanne ist mit eingravierten konzentrischen Bändern verziert. Auf diese Weise orientierten sie sich an südländischen Gefäßformen, gaben ihnen jedoch gleichzeitig eine eigene, eben unverkennbar »keltische« Handschrift. Um die Zeitenwende endete die Latènezeit. Damals begann sich im heutigen Deutschland der Einfluss der Germanen durchzusetzen, weiter westlich der der Römer.

Ein Herrscher im Schneidersitz

Als die Arc

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