EIN NEUES KONZEPT DER ZEIT

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VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT

Die Vergangenheit und die Zukunft sind in der Quantenmechanik eng miteinander verknüpft. Vielleicht zu eng. Veränder te Regeln könnten die Quantentheorie mit dem expandierenden Universum in Einklang bringen.

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Eine tiefe Kluft teilt die moderne Physik. Auf der einen Seite zeichnet die Quantentheorie ein Bild des Mikrokosmos, indem sie subatomare Teilchen mit wellenartigen Eigenschaften verknüpft. Demgegenüber steht die allgemeine Relativitätstheorie, die auf großen Skalen die Schwerkraft auf die Krümmung von Raum und Zeit zurückführt. Seit knapp einem Jahrhundert bemühen sich Physikerinnen und Physiker darum, beide Gebiete miteinander zu verbinden. Sie hoffen auf eine übergeordnete Theorie, die alle Aspekte der Realität grundlegend beschreibt und dabei sowohl die Quantenmechanik als auch die Gravitation einbezieht. Bei der Suche stießen sie aber bisher auf unüberwindbare Hindernisse.

Charlie Wood ist Redakteur für Physik bei »Quanta Magazine«.

Inzwischen mehren sich Hinweise, dass zumindest ein Teil des Problems in der so genannten Unitarität begründet sein könnte, einem der zentralen Prinzipien der Quantenphysik. Mit Hilfe der Unitarität lässt sich unter anderem ableiten, wie sich Objekte im Lauf der Zeit entwickeln. Die ihr zu Grunde liegenden Annahmen scheinen so offensichtlich, dass sich Fachleute bisher nicht einmal die Mühe machten, sie zu erwähnen – geschweige denn anzuzweifeln. Doch nun beginnen einige Physikerinnen und Physiker die Unitarität in Frage zu stellen.

Im Wesentlichen besagt das Prinzip, dass unter allen möglichen Szenarien stets eines eintritt. Wechselwirken zum Beispiel mehrere Teilchen miteinander, dann muss die Wahrscheinlichkeit der möglichen Ergebnisse zusammengerechnet 100 Prozent betragen. »Die Unitarität ist eine starke Einschränkung, auch wenn sie auf den ersten Blick trivial erscheinen mag«, erklärt der Theoretiker Yonatan Kahn von der University of Illinois in Urbana- Champaign. Denn die Regel schließt viele Wege dafür aus, wie sich die Zustände von Teilchen zeitlich entwickeln können. Die Unitarität sorgt aber auch dafür, dass alle Prozesse umkehrbar sind: Jeder quantenmechanische Vorgang kann rückwärts ablaufen – zumindest im Prinzip. Diese Richtlinien leiten Fachleute seit Langem bei der Entwicklung der Quantentheorie. Doch was als unverzichtbares Grundgerüst erschien, könnte einer vereinheitlichten Theorie der Quantengravitation entgegenstehen.

AUF EINEN BLICK

01 Das Prinzip der Unitarität ist tief in der Quantenphysik verankert: Daraus lässt sich unter anderem ableiten, wie sich die Zustände eines Objekts von einem Moment zum nächsten zeitlich entwickeln.

02 Untersucht man auf diese Weise unser Universum, das sich immer weiter ausdehnt, stößt man

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