Das verheerende Treiben der Sandmafia

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UMWELTZERSTÖRUNG

Kriminelle Kar telle entreißen Flüssen und Meeren wer tvollen Sand, um die weltweite Nachfrage aus der Bauindustrie zu decken. Damit ruinieren sie Ökosysteme und die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung. Wie kann man sie stoppen?

MAKEDONSKII / GETTY IMAGES / ISTOCK

Bei erdrückender Hitze waren Abdelkader Abderrahmane und seine Kollegen schon sechs Kilometer über trockenes, staubiges Terrain gefahren, als nahe der marokkanischen Stadt Kenitra plötzlich ein Geländewagen auf sie zuraste. Ein Mann mit einer Gendarmenmütze zwang mit wütenden Gesten die Ermittler für grenzüberschreitende Sicherheit anzuhalten. »Was wollt ihr hier?! Hier geht es nirgendwo hin.« Abderrahmanes Kollege sagte, sie wollten nur den Strand und das nahegelegene Touristencamp besuchen. Der Gendarm schüttelte den Kopf: Sie dürften hier nicht weiter.

David A. Taylor ist Buchautor, Dokumentarfilmer und Wissenschaftsjournalist.

AUF EINEN BLICK

01 Sand illegal abzubauen und zu verkaufen ist ein lohnendes Geschäft – das drittlukrativste länderübergreifende Verbrechen nach Fälschungen und Drogenhandel.

02 Der Raubbau zerstört ganze Ökosysteme und bringt die Menschen in den betroffenen Gebieten in Gefahr, etwa wenn Sturzfluten folgen oder Flussdeltas trockenfallen.

03 Die Täter stützen sich auf ein weit verzweigtes Netzwerk organisier ter Kriminalität. Eine Mischung aus lokaler Aufklärung und internationalem Druck kann gegensteuern.

PARILOV / STOCK.ADOBE.COM

Die Gruppe kehrte um und begann, auf der holprigen Straße zurückzufahren. Aber sobald der Gendarm außer Sichtweite war, bogen die Männer ab und schlichen sich an der versteckten Seite eines Bergrückens entlang. Etwa 400 Meter weiter hielten sie an und stellten den Motor ab. Abderrahmane ging leise zum Kamm der Klippe und spähte hinunter. Obwohl der Ermittler schon viel zu illegalem Sandabbau geforscht hatte, war er auf den Anblick, der ihn dort unten erwartete, nicht vorbereitet. Ein halbes Dutzend Kipplaster, verstreut über eine tief zerklüftete Mondlandschaft, waren bis oben hin mit braunem Sand gefüllt. Gleich dahinter lag das hellblaue Meer. Abderrahmane war fassungslos angesichts der »großen Verschandelung« der Dünen, wie er später in einem Videogespräch resümiert: »Das war ein Schock.«

Schockiert war er teils vom Anblick der geschändeten Natur, teils von der Unverfrorenheit der Männer in den Lastwagen, die den Sand einfach bei Tageslicht abtransportierten. »Man kann nicht illegal Sand am helllichten Tag abbauen, wenn man keine Leute hat, die einem helfen«, sagt er und meinte damit Personen in hohen Positionen: »Die großen Unternehmen werden geschützt, vielleicht von Ministern oder

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