Die nullte Dynastie der Ägypter

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STAATSGRÜNDUNG

Welcher Pharao gründete das Reich am Nil? Eine Indiziensuche auf zirka 5000 Jahre alten Schminkpaletten und Siegelplomben engt den Kandidatenkreis ein. Und Grabungen am frühesten Königsfriedhof Ägyptens zeigen: Zu den ältesten Herrschern des Nillandes zählten auch Frauen.

FOXYTOUL / STOCK.ADOBE.COM

In den mehr als 3000 Jahren, die das Pharaonenreich existierte, nannten die Ägypter ihren König stets den Herrn beider Länder. Gemeint waren die zwei Landesteile Ober- und Unterägypten, das Niltal im Süden und das Nildelta im Norden. Das Reich der Ägypter war geschaffen, als Kleinkönige erstmals jene beiden Länder zu einem großen Staat vereint hatten. Deshalb galt jeder Pharao als Reichseiniger, trug als Zeichen dafür die kombinierte Doppelkrone auf dem Haupt: die weiße Krone von Oberägypten und die rote Krone von Unterägypten. Und er stand unter dem Schutz von Nechbet und Wadjet, den beiden Landesgöttinnen in Gestalt eines Geiers und einer Kobra. Der König war auch nicht irgendwer:

Unsterblich und zugleich ein Mensch sei er gewesen, so die Vorstellung der alten Ägypter. Zu Lebzeiten galt der Pharao als Abbild des Gottessohns Horus auf Erden und nach dem Tod ging er in der Totengottheit Osiris auf.

Wie felsenfest überzeugt die Ägypter von jenem Gottkönigtum waren, bezeugen die riesenhaften Grabmäler, die sie für ihre Herrscher errichteten – etwa die drei Pyramidenanlagen auf dem Giseplateau aus dem 26. Jahrhundert v. Chr. oder der große Pyramidenkomplex des Djoser aus dem 27. Jahrhundert v. Chr. in Sakkara. Dies sind allerdings nicht die ältesten monumentalen Königsgräber. Um 3000 v. Chr. ließen die ersten Herrscher unweit von Abydos, in einem heute Umm el-Qaab genannten Gelände, Kammergräber aus Lehmziegeln anlegen. Die unterirdischen Räume waren angefüllt mit wertigen Bei gaben – und den Leichnamen des Hofstaats. Dutzende Menschen waren einst neben ihren Pharaonen beigesetzt worden. Die Ausgräber fragten sich, ob auch diese als Jenseitsgaben für die Gottkönige dienten – dass es »die Gräber möglicherweise geopferter Höflinge« waren, wie der US-Archäologe und Pyramidenexperte Mark Lehner in seinem Buch »Geheimnis der Pyramiden« erklärt.

Bei ihren jüngsten Grabungen in der Königsnekropole von Abydos stießen ägyptische, deutsche und österreichische Archäologen allerdings auf Hinweise, dass es sich womöglich nicht so zugetragen hatte. Zudem mehren sich die Belege, dass unter jenen frühen Reichseinigern auch Frauen die Regentschaft über den Nilstaat innehatten. Die Funde verraten demnach mehr darüber, was in der Gründungs- und Konsolidierungsphase des pharaonischen Reichs zwischen 3200 und 3000 v. Chr. , der so genannten 0. Dynastie oder Negade-III-Zeit, geschehen war. Denn wann und wie genau die beiden Länder eins wurden, ist nicht ganz klar.

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