Die vegane Revolution

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REZENSION

Joël Luc Cachelin | Veganomics | Verlag: S. Hirzel, Stuttgart 2023, 237 S. | ISBN: 9783777633121 | 28,00 € | bei Amazon.de kaufen

Sachbuch einmal anders: Eine Menge Bücher thematisieren, wie problematisch die industrielle Land- und insbesondere Viehwirtschaft ist. Das mag sich auch der Schweizer Futurist, Ökonom und Historiker Joël Luc Cachelin gedacht haben, denn sein Buch »Veganomics« inszeniert kurzerhand eine Konferenz in einer fiktiven Zukunft. Die Erde ist zum wiederholten Mal in eine globale Krise gerutscht und sucht nun die Abkehr von der traditionellen Fleischindustrie. Vier kleine Regionen haben diese Entscheidung schon vor längerer Zeit getroffen, jede beschritt dabei einen anderen Weg. An jeweils einem Konferenztag schildern Vertreter dieser Regionen, wie ihr Leben heute aussieht. So soll der Rest der Welt zu einer Entscheidung finden, wie eine wünschenswerte »vegane Revolution« gelingen kann.

Björn Lohmann ist Wissenschaftsjournalist mit Schwerpunkten in den Lebens-, Umweltund Klimawissenschaften und lebt in Essen.

Dieser erzählerische Rahmen wirkt etwas bemüht und hat wenig Belletristisches. Aber seine klare Stärke liegt darin, Lösungen zu zeigen, und zwar als ein großes gesellschaftliches Gesamtbild. Anders als Titel und Buchcover suggerieren, leben die vier Gesellschaften der Zukunft jedoch nicht vegan. Sie ernähren sich allerdings nachhaltig und ohne industrielle Tierproduktion.

Ein Szenario beschreibt eine Gesellschaft, die tierisches Protein und andere Tierprodukte durch Algen ersetzt hat. Eine zweite Gesellschaft setzt auf Hightechlösungen wie Fleisch und andere Tierproteine aus dem Bioreaktor. Die dritte Variante nutzt sehr wohl Tiere, aber jene, die nach heutigem Kenntnisstand nicht leiden – etwa Insekten oder Quallen. Lösung vier fokussiert auf eine Kreislaufwirtschaft. Invasive Arten werden ebenso erlegt und genutzt wie die Kadaver von Haustieren. Ja, mit manchen Vorstellungen eckt das Buch vermutlich bei einigen Lesern an. Gemein ist allen vier Gesellschaften aber, dass Fleisch in ihnen wieder ein Luxusgut geworden ist.

Eine fleischarme Zukunft ist möglich

Cachelin weiß, dass eine reale landwirtschaftliche Revolution ein Mix aus diesen vier Szenarien sein wird. Das greift im Buch ineinander, indem die vier Regionen Handel treiben, um Herausforderungen zu lösen, die der jeweilige Ansatz nicht so gut bewältigen kann. Denn letztlich geht es in einer Welt ohne Tierindustrie nicht nur um Nahrungsmittel, sondern auch um andere tierische Rohstoffe wie Leder, die ersetzt werden müssen. Nicht zuletzt sind Alternativen zu Tierversuchen erforderlich. Der Autor überzeugt mit seiner Erzählform, da sie sowohl kritische Fragen behandelt als auch überzeugende Antworten präsentiert. Ein gutes Leben ohne industrielle Viehzucht wird so konkret vorstellbar.

Die Probleme der industriellen Fleis

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