Hinweise aus dem Nichts

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AS TROPHYSIK

Gigantische, nahezu materiefreie Hohlräume könnten Antworten auf die Mysterien des Universums liefern. Doch wie untersucht man etwas, das leer ist?

WIE EIN EMMENTALER Auf größten Skalen besteht das All vor allem aus gewaltigen praktisch materiefreien Löchern (hier illustriert). Dazwischen liegen die Galaxien.
YUROK ALEKSANDROVICH / STOCK.ADOBE.COM
Michael D. Lemonick ist Wissenschaftsjournalist in Princeton, New Jersey.

Die Astrophysikerin Alice Pisani denkt fasziniert daran zurück, wie sie einmal ein Virtual-Reality-Headset aufsetzte und ins Nichts starrte – genau genommen in einen der vielen gigantischen Leerräume, die den Kosmos durchziehen und Voids genannt werden. »Es war ein erstaunlicher Anblick«, erinnert sich Pisani, die an der Princeton University die Strukturen des Universums auf großen Skalen erforscht. Zunächst schwebte vor ihr ein Durcheinander aus leuchtenden Punkten, jeder von ihnen eine Galaxie. Als Pisani einen virtuellen Schritt hineintat, fand sie sich in einem großen Hohlraum wieder, umgeben von einer Hülle aus Galaxien. Die Darstellung war keine Spekulation dazu, wie eine kosmische Leere aussehen könnte; vielmehr manifestierten sich hier Pisanis eigene Daten.

Die Visualisierung aus dem Jahr 2022 war ein Projekt der Informatikstudentin Bonny Yue Wang von der Cooper Union for the Advancement of Science and Art in New York. Dort hielt Pisani Vorlesungen zur Kosmologie. Voids können sich über Dutzende bis Hunderte von Millionen Lichtjahren erstrecken. Wang hatte Pisanis Daten zu den dunklen Blasen genutzt und eine Augmented-Reality-Ansicht davon erstellt.

So ein Projekt wäre noch ein Jahrzehnt zuvor, als Pisani mit ihrer Forschung zu Voids begonnen hat, unvorstellbar gewesen. Die Existenz solcher ausgedehnten, extrem materiearmen Bereiche ist seit den 1980er Jahren bekannt. Wegen mangelnder Beobachtungsdaten und unzureichender Computerleistung standen die Voids lange nicht im Mittelpunkt der astronomischen Forschung. In jüngerer Zeit zieht das Gebiet angesichts enormer Fortschritte zunehmend Aufmerksamkeit auf sich.

Pisani sowie eine wachsende Zahl von Fachleuten sind davon überzeugt, dass Voids Hinweise zur Lösung wichtiger physikalischer Rätsel geben könnten, etwa zur Natur der Dunklen Materie oder zur Ursache der Dunklen Energie. Mit

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