Aufs Korn genommen

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Slow Food Arche des Geschmacks

Den Weg in die Backindustrie werden sie wohl nie schaffen: zu klein sind die Mengen, zu gering der Ertrag im Vergleich mit den Hochleistungssorten, zu wenig standardisierbar die Backeigenschaften. Doch die Getreidesorten, die Passagiere in der Arche des Geschmacks sind, haben dafür andere Qualitäten, weiß Gerhard Schneider-Rose.

Sie waren fast verloren: Abgesehen vom Grünkern sind alle Getreidesorten in der Arche des Geschmacks aus kleinsten Beständen, die aus Genbanken stammen, wieder vermehrt worden. Die Anstrengung hat sich nicht nur wegen der geschmacklichen Qualität und Aromenvielfalt gelohnt, die bei entsprechendem handwerklichem Wissen und einer langsamen Teigführung zur Geltung kommt. Die alten Sorten sind auch eine wichtige Genreserve für die Züchtung neuer Sorten, die nicht nur auf Höchstleistungen ausgerichtet werden sollen, sondern auch mit Hitze, Trockenheit und Krankheitsdruck durch Viren und Pilze gut klar kommen müssen. Sie sind gut für die biologische Landwirtschaft geeignet, weil zum Zeitpunkt ihrer Züchtung Kunstdünger und Pestizide keine Rolle spielten. Sie bilden schnell viel bodennahe Blattmasse und lassen deshalb weniger Raum für konkurrierende Wildkräuter. Die hohen Halme schützen die Körner vor vom Boden ausgehenden Pilzbefall.

Fünf Brotgetreide-Sorten sind derzeit Arche-Passagiere. Ganz neu dabei ist der Westerwälder Fuchsweizen, der deshalb den Anfang in der Vorstellungsrunde macht. Der Rest folgt in der Reihenfolge der Aufnahme. Voraussichtlich bekommen sie bald noch Gesellschaft vom Marienroggen, der kurz davor steht, in die Passagierliste aufgenommen zu werden.

WESTERWÄLDER FUCHSWEIZEN
Fotos: Slow Food (Andreas Esch,Stefan Abtmeyer, Susanne Erb-Weber, Wolfram Adelmann, K. Fleissner)

Die alte eigenständige Winterweizen-Sorte wurde vermutlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch ertragreichere Weizensorten verdrängt und geriet in Vergessenheit. Der Anbau der Sorte im Südwesten Deutschlands ist bereits für das Jahr 1820 beschrieben. Hauptanbaugebiete waren zu dieser Zeit der Westerwald und die Wetterau. Westerwälder Fuchsweizen ist langstrohig mit einer Wuchshöhe von 1,20 Meter, die begrannte Ähre färbt sich zum Zeitpunkt der Reife rotbraun. Er bildet ein großes Korn mit einem schönen Mehlkörper aus. Charakteristisch für die Sorte ist auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Steinbrand und anderen Pilzkrankheiten.

Nachdem der Westerwälder Fuchsweizen für etwa 100 Jahre von den Feldern verschwunden war, wurde er ab 2012 durch Andreas Esch aus Salmtal wieder aus wenigen Gramm vermehrt, die aus der Genbank Gatersleben stammten. Mittlerweile wird er wieder auf Feldgröße angebaut. Der Fuchsweizen ist in die »Rote Liste der gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen« aufgenommen und wurde im Jahr 2020 beim Bundessortenamt als Erhaltungssorte angemeldet. Unter dieser Voraussetzung