Klein, aber fein

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Genussreise Erfurt

Die Landeshauptstadt Erfurt gehört zu den unterschätzten Attraktionen Thüringens. Dabei hat sie eine traditionsreiche Geschichte und kulinarisch viel mehr zu bieten als die bekannte Rostbratwurst – auch wenn diese den Einheimischen als Kulturgut gilt. Judith Weibrecht hat Altes in neuem Gewand sowie viele engagierte und kreative Menschen entdeckt.

Erfurt, auch bekannt als Stadt der Türme und Brücken, lässt sich wunderbar zu Fuß erkunden. Es gibt viel zu entdecken – und natürlich auch zu verkosten: Auf und neben der Krämerbrücke, der einzigen mit Häusern bebauten und bewohnten Brücke nördlich der Alpen, finden sich zahlreiche kulinarische Versuchungen.
Marco Fischer, Gregor Lengler , Martin Kirchner, Meeta Wolff/ Thüringer Tourismus GmbH ; Judith Weibrecht

Sie steht ein wenig im Schatten ihrer vermeintlich geschichtsträchtigeren Nachbarstädte: Eisenach mit der Wartburg, wo Martin Luther Anfang des 16. Jahrhunderts das Neue Testament erstmals ins Deutsche übersetzte und die als UNESCO-Welterbe geadelt wurde. Und natürlich Weimar, untrennbar verbunden sowohl mit den Dichterfürsten Goethe und Schiller als auch mit der Bauhaus-Bewegung. Doch auch Erfurt, Landeshauptstadt Thüringens und mit 214 000 Einwohner*innen größte Kommune des Bundeslandes, hat einiges zu bieten – immerhin ist die Stadt schon mehr als 1 250 Jahre alt.

Die frühe Stadtwerdung wurde von der guten Verkehrslage begünstigt, lag Erfurt doch am Schnittpunkt alter deutscher und europäischer Handelsstraßen. Kein Wunder also, dass sich Kaufleute und Handwerk hier ansiedelten. Auch der Anbau von Waid und der Handel mit dem daraus gewonnenen blauen Farbstoff trug zum Reichtum der Stadt bei. Der schöne Altstadtkern mit den prächtigen Häusern zeugt noch heute von der ruhmreichen Vergangenheit.

Da Erfurt in der Senke des Thüringer Beckens liegt, ist das Wahrzeichen der Stadt weithin sichtbar – das Ensemble der Severikirche und des Doms, die beide auf dem Domberg stehen. Im hiesigen Dom wurde Martin Luther 1507 zum Priester geweiht, nachdem er an der Erfurter Universität studiert hatte. Vom Reformator stammt die Bezeichnung »Erfordia turrita«, das türmereiche Erfurt. Andere nannten die Stadt wegen ihrer zahlreichen Kirchen und Klöster »das thüringische Rom«.

Doch Erfurt ist nicht nur reich an Türmen, sondern auch an Brücken: Über 150 Brücken und Stege gibt es, die über die Gera und die zahlreichen von ihr abgehenden Wasserläufe führen. 1325 wurde die bekannteste von ihnen, die 120 Meter lange Krämerbrücke, erbaut. Sie beherbergt bis heute Läden und Handwerksbetriebe, auch Thüringer bzw. Erfurter Delikatessen werden hier verkauft. Mehrere hölzerne Vorgänger waren durch Brände immer wieder zerstört worden. Heute ist sie mit 32 Häusern die einzige mit Häusern bebaute und bewohnte Brücke nördlich der Alpen u