Apfelwein in ungeahnten Qualitäten

5 min lesen

Heinzelmanns Winzerporträt

Ebbelwei hat im Hessischen viele Namen, auf jeden Fall mehr als Geschmacksnuancen. Doch Andreas Schneider vom Obsthof am Steinberg in Nieder-Erlenbach arbeitet seit vielen Jahren daran, das zu verändern. Ursula Heinzelmann hat den Obstwinzer besucht, der mit seinen sortenreinen Abfüllungen den Apfelwein salon- und sommelierfähig macht.

Äpfel gleichen vielen anderen Symbolen: Eine ganze Reihe von Kulturen nehmen sie als Emblem für sich in Anspruch. Wir wissen, dass ihr Ursprung nicht an Rhein, Mosel oder Donau liegt, sondern in den Tiefen des Kaukasus. Und doch: Mit Äpfeln und Apfelsaft bin ich aufgewachsen, sie sind für mich Heimat. Der ich allerdings als erwachsener Mensch lange nachtrauerte, wehmütig in die fade, oberflächliche Süßsäuerlichkeit der glattgezüchteten Moderne biss und mir das Safttrinken abgewöhnte – bis ich Andreas Schneider und seinen Obsthof am Steinberg kennenlernte und nicht nur meine Apfelheimat wiederfand, sondern auch begriff, dass Äpfel noch viel mehr sein können, nämlich Wein, guter Wein.

Fotos: Valeriya Chaldranyan, Paavo Blofield

Wie so oft bei bedeutsamen Begegnungen fand auch diese durch eine Reihe von Zufällen statt, war beinahe ein Nebeneffekt, sein Päckchen mit Äpfeln im Herbst 2001 lediglich als nette Geste gemeint. Doch da lagen sie: Ananasrenette, Goldparmäne, London Pepping und rote Sternrenette, sorgfältig auf Holzwolle gebettet. Die Früchte sahen nicht nur sehr fein und edel aus, sondern schmeckten auch so besonders, dass ich neue Apfel-Hoffnung schöpfte.

Sie führte mich zuerst in die Bibliothek, zur Pomologie des Kasseler Gärtners Johann Hermann Knoop. Der große ledergebundene Band, 1760 in deutscher Sprache veröffentlicht, gehört zu den ersten obstbaukundlichen Sammelwerken, die sich im 18. und 19. Jahrhundert großer Beliebtheit erfreuten und eine unglaubliche Vielfalt an Sorten in Wort und Bild umfassten. Zur Ananasrenette etwa schrieb Knoop: »Pomme d’Ananas, oder roth gesprengter Schlotter-Apfel. […] Sonstig wird dieser Apfel etwas länger und schmäler, ist von ungemein sanftem weißem Fleisch, und manchmal röthlichten Adern, genugsamen Saft, und vortrefflichem Geschmack, süß und säuerlich meliert, die äußerliche schöne Qualität stimmt vollkommen mit der innerlichen überein, und verdienet die Frucht allerdings hochgeachtet zu werden, es siehet unvergleichlich, wenn sie unter den grünen Blättern am Baum hänget.«

Selbst im dichten Blattwerk gut zu sehen sind die Äpfel der Sorte Rote Sternrenette, die neben vielen anderen auf dem Hof wachsen.

Schon auf dem elterlichen Betrieb herrschte Vielfalt

Dann nahm ich Kontakt zu Andreas Schneider auf und fuhr im Herbst des folgenden Jahres erstmals nach Nieder-Erlenbach auf den Steinberg, der nicht nur Apfelvielfalt, sondern auch einen beeindruckenden Panoramablick übe