Terra Madre 2022 – Food RegenerAction

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»Um ein zukunftsfähiges Ernährungssystem zu gestalten, müssen wir uns von Festgefahrenem lösen und uns auf Neues einlassen.«

Standpunkt von Lea Leimann Vorstandsmitglied von Slow Food Deutschland
Foto:Fernando Garcia Vicario

Im September fand nach vier Jahren pandemiebedingter Pause wieder eine Terra-Madre-Veranstaltung statt. Wieder in Turin. Doch nicht in kühlen Messehallen wie damals 2018, sondern draußen auf einem Parkgelände, wie auch 2016 auf meiner ersten Terra Madre. Wenn ich daran zurückdenke, erfüllt mich ein Gefühl von Herzenswärme, Kraft, Inspiration und auch von »Humbleness«. Hierfür fehlt mir eine treffende Übersetzung. Am ehesten kann ich es mit Demut, Bescheidenheit und tiefem Respekt beschreiben.

»RegenerAction«. Oder Regeneration. Unter diesem Motto stand Terra Madre. Vor Ort waren die drei Handlungsfelder von Slow Food zentral in Szene gesetzt – Biodiversität, Bildung und politische Interessenvertretung. Aber darauf will ich gar nicht weiter eingehen, als dass ich es gelungen fand, wie viele Menschen sich um die Stände, Mitmach-Aktionen und in den Konferenzen tummelten. Für mich persönlich kann Terra Madre an einigen Stellen noch mehr zum Vorbild nachhaltiger Veranstaltungen werden: Die Konferenzräume und somit die politischen Inhalte können noch mehr ins Zentrum des Geschehens rücken und das Sponsoring kann durchaus an ein paar Slow-Food-Kriterien für zukunftsfähige Ernährungssysteme geknüpft werden. Wasser aus Dosen braucht es ebenso wenig wie die Berge aus Einweggeschirr. Aber auch dafür sind mir meine Zeilen hier zu schade, machen wir es bei unseren eigenen Veranstaltungen (im Slow-Food- oder privaten Kontext) eben anders.

Worüber ich viel lieber berichten mag, sind die Momente, die mich bewegt haben. Momente, die auf mich eine regenerative Wirkung hatten. Doch was heißt das überhaupt? Regeneration bedeutet laut einem gängigen Online-Nachschlagewerk »Rückgewinnung verbrauchter Kräfte«, »Wiederherstellung eines Gleichgewichtszustandes« und in der Physiologie das »Ersetzen alter Zellen durch neue«. Regeneration bedeutet für mich somit das Loslassen von Festgefahrenem, das Versammeln alter und neuer Kräfte und das Wiederfinden meiner Balance. Als Slow-Food-Aktivistin, die sich für eine Veränderung im Kleinen vor Ort, in nationalen Strukturen und auch auf globaler Ebene einsetzt, sind Kraft und Balance essenziell. Und es ist so unendlich zäh, dieses Loslassen von Festgefahrenem. Es passiert schnell, sich in den Auseinandersetzungen im Kleinen zu verlieren und das große Ganze aus dem Blick zu verlieren. Zudem ist es gar nicht so leicht, bei all dem Aktivismus kraftvoll und stark sein, sich im Drängen für eine Veränderung in dieser Welt gesehen zu fühlen und sich die Sanftheit zu bewahren, anderen Menschen liebevoll und mit offenem Herzen zu begegnen.

Zurück nach Turin. Nach vier J