Die Thüringer Wald Ziege

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Neuer Passagier an Bord

Slow Food Deutschland hat den 84. Passagier in die Arche des Geschmacks aufgenommen: die Thüringer Wald Ziege. Eine Rarität, denn sie ist die einzige eigenständig in Deutschland gezüchtete Rasse. Ihr Bestand erholt sich zwar in den letzten Jahren, ist aber immer noch stark gefährdet. Axel Reetz aus der Arche-Kommission stellt sie vor.

Ziegenkäse und Ziegenmilch gelten heute als kulinarische

Highlights: zu Recht! Das war nicht immer so. Verbesserte Käseproduktion und die gute Verträglichkeit für Kuhmilch-Allergiker*innen haben die Nachfrage steigen lassen. Auch Ziegenfleisch findet als außergewöhnliche Delikatesse langsam Liebhaber, hohe Schlachtgebühren machen den Genuss aber teuer. Das Lammfleisch erinnert im Geschmack an Reh- oder Geflügelfleisch und ist auch durch einen sehr hohen Anteil an den »gesunden« Omega-3-Fettsäuren sehr empfehlenswert.

Aber der Verbrauch startet von einem sehr niedrigen Niveau – das hat historische Gründe: Ziegen sind einerseits so anspruchslos, dass sie in Notzeiten unter kärglichen Bedingungen – in Gärten und Wohnhäusern – staatlich unterstützt zur Selbstversorgung dienten, als »Kuh des kleinen Mannes« galten. Andererseits erfordert das »professionelle« Melken und Füttern ähnlichen hohen Aufwand wie die Haltung von Rindern.

Züchtung mit Schweizer Gschmäckle

Für Ziegen wurde in Deutschland eine Zucht nach bestimmten Rassemerkmalen erst relativ spät zum Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt. Thüringen aber war seit alters her ein Land mit intensiver Ziegenzucht. Dortige Züchter kreuzten in ihre regionalen Landschläge »Toggenburger Ziegen« aus der Schweiz ein, um eine höhere Milchleistung, Kurzhaarigkeit und Hornlosigkeit zu erreichen. Diese Tiere wurden »Thüringer Toggenburger« genannt und erst 1935 in »Thüringer Wald Ziege« umbenannt.

Inzwischen kamen diese Ziegen in nahezu allen deutschen Ländern vor.

Die Thüringer ist die einzig erhalten gebliebene alte Rasse mit Herdbuch, 2018 wurden in Deutschland 1985 Ziegen und 221 Böcke gezählt, mit steigender Tendenz. Alle anderen Rassen wie die Weiße und die Bunte deutsche Edelziege fassen verschiedene alte Züchtungen jeweils in einem Herdbuch zusammen, weil die Rassen allein nicht mehr überlebensfähig waren.

Hellbraune bis schokoladenbraune Tiere sind beliebt, weiße unerwünscht, vereinzelt kommen schwarze Tiere vor, auch ein Aalstrich auf dem Rücken ist unerwünscht. Allen Thüringer Wald Ziegen sind weiße Beine, Ohren, Gesichtsmaske und Euterspiegel eigen. Die breite und tiefe Brust weist eine gute Rippenwölbung auf. Stehohren, ein schlanker Hals und ein gerader, langer Rücken sowie ein mäßig abfallendes Becken sind weitere Kennzeichen. Es gibt sowohl gehörnte wie hornlose Tiere – das Zuchtziel der Hornlosigkeit konnte also nur bedingt erreicht werden. Thüringer Wald Zieg