Kochen und Philosophie

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Interview mit Katharina Bäcker

Die Chef Alliance Deutschland gründete sich 2016 beim Terra Madre Salone del Gusto in Turin – der größten internationalen Slow-Food-Veranstaltung. Inzwischen besteht sie aus 72 Köchinnen und Köchen, die für die Herkunft ihrer Produkte, ihre Kultur- und Naturlandschaften und den Genuss ihrer Gäste Verantwortung übernehmen. Katharina Bäcker hat lange ein vegetarisches Restaurant in der Frankfurter Innenstadt betrieben, jetzt arbeitet sie freischaffend und ist Mitglied der Kommission der Slow Food Chef Alliance Deutschland. Luka Lübke, die sie seit über 20 Jahren kennt, hat mit ihr beim Kirschkuchen über ihre ungewöhnliche Karriere, Tellerpolitik und den Mut zum Weitermachen gesprochen.

Fotos: Luka Lübke

Du hast Dein Philosophiestudium abgebrochen, um Köchin zu werden. Wie ist das gekommen und was hast Du damals mit 21 Jahren gedacht, wie heute Dein Köchinnentag aussähe? Mein Studium begann in Tübingen und es gefiel mir gut. Als ich nach Hamburg wechselte, hatte ich Schwierigkeiten, mich im universitären Leben zurechtzufinden – erstens kannte ich dort niemanden, zweitens war es damals auch komplett egal, ob man zu den Vorlesungen ging oder nicht. Ich habe mir etwas mit mehr Struktur gewünscht und die Ausbildung zur Köchin angefangen.

In meiner Familie wurde kaum gekocht. Meine Oma kochte, aber ungern, meine Mutter überhaupt nie, denn das war gegen die feministische Sache. Ich wollte in die Sterneküche, ich wollte in die Welt mit diesem Beruf. Und dann wurde ich schwanger.

Unsere Wege kreuzten sich 2001 in Bremen, wo ich in der Lehre war. Wir haben leider nur ein Jahr zusammen am Herd verbringen dürfen, dann gingst Du zurück in Deine Heimat Frankfurt. Ich habe im Park geheult und angefangen, Dir Briefe zu schreiben, so richtige auf Papier – wir schreiben uns bis heute Briefe auf Papier. 2011 hast Du dann die »Naschwerkstatt« aufgemacht, Dein Restaurant für vegetarischen Mittagstisch. War das damals noch exotisch?

Oh ja. Es gab damals in ganz Frankfurt ein einziges vegetarisches Restaurant – und das seit 30 Jahren. Dort ging man aber nicht hin, um »schön« zu essen, sondern um »gesund« zu essen. Die Szene war noch winzig, der große Boom kam erst zwei, drei Jahre später.

Deine Lehrzeit in Hamburg – war das noch so, wie man sich das vorstellt? Mit fliegenden Pfannen, schlimmen Wörtern, Drogen, Sexismus und Alkohol?

So mittel. Körperverletzungen gab es bei uns nicht, aber viele Pimmel-, Arsch- und Kack-Vokabeln, Ententitten »à l’Orange« und natürlich hatten wir auch ein paar Gummifotzen (Das ist ein Teigschaber aus Gummi.vAnmerkung von Luka Lübke:). Ich musste das lernen, mich in dieser Welt zu bewegen, bis dahin war ich nie von so schön normalen Menschen ohne Abitur umgeben gewesen. Das war spannend! Gut, dass ich schon 21 war. S