Das Urvieh

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Der Europäische Stör ist in Deutschland ausgestorben, die Wiederbelebung zeigt zarte Erfolge. Am Berliner Müggelsee wächst hoffentlich bald Nachwuchs für Besatzmaßnahmen heran.

Foto: AdobeStoc Alexander Raths, fablok

Störe sind uralt. Das ist wörtlich zu nehmen, denn sie stammen tatsächlich aus der Urzeit. Fossile Skelettabdrücke in China deuten darauf hin, dass Störe womöglich schon vor 250 Millionen Jahren lebten – also vor der Zeit der Dinosaurier.

Gesicherte Funde im Jura belegen das Vorkommen auf jeden Fall in der Oberkreide vor rund 100 Millionen Jahren. In der Nordund Ostsee und in vielen heimischen Flüssen war der Stör über Jahrtausende weit verbreitet. In der Rheinmündung datiert der älteste Nachweis mit 9 000 v. Chr.

Nach Hamburger Aufzeichnungen von 1880 war der Stör nach Stint und Aal dritthäufigster Fisch in der Elbe, seinem wichtigsten Wohnzimmer. Auch in Magdeburg wurden Anfang des 19. Jahrhunderts Jahr für Jahr Tausende Störe angelandet, ihr Fleisch war billiges Volksnahrungsmittel. Als historische Laichplätze gelten die Elbabschnitte bei Brunsbüttel, Brokdorf,

Lenzen, Tangermünde bis Magdeburg.

Auch die Nebenflüsse Moldau, Ohre, Saale, Stör (!) und andere Gewässer waren dicht mit Stören besetzt, sie waren in allen Nordseezuflüssen zuhause.

Aus Kanada eingewandert

Störe zählen zu den Knochenfischen, vom ursprünglichen Knochenskelett ist allerdings fast nichts mehr übrig, es ist verknorpelt. Nur Teile des Kopfes bestehen noch aus Knochen, und der langgestreckte dunkle Körper ist in fünf Reihen mit Knochenplatten besetzt. Ein echter Hingucker, auch Laien können erkennen, dass diese Burschen steinalt sein müssen. Die Ursprünge der nach Europa eingewanderten Störe liegen in den kanadischen Flüssen St. Lawrence und St. John.

27 verschiedene Störarten sind bekannt, diese Zahl dürfte sich indes mit dem Ableben des Chinesischen Löffelstörs auf 26 verkleinern. Sämtliche Störarten sind akut vom Aussterben bedroht und streng geschützt. Der Europäische Stör (Acipenser sturio) ist neben dem Atlantischen Stör die »heimische« Art. Ein Fisch, der das Prinzip Slow Food auf ganz eigene Weise verkörpert: Er wächst »very slow« und wird frühestens nach zwölf Jahren geschlechtsreif, es kann auch mal 18 Jahre dauern. Ausgewachsene Störe werden bis zu vier Meter lang, Einzelfänge von bis zu sechs Metern sind die große Ausnahme. Legendär ist auch das maximale Alter dieses Fischs – bis zu 150 Jahre.

Ihre Fruchtbarkeit ist üppig. Je Kilogramm Körpergewicht produzieren Störweibchen bis zu 50 000 Eier. Bei besonders großen Fischen geht die Zahl in die Millionen. Um sich fortzupflanzen, steigen die Wanderfische im Frühsommer in einem spektakulären Kraftakt bis zu 800 Kilometer die Flüsse auf. Zur Eiablage wird ein

Kiesbett mit grobkörnigem Sedim