Philipp Erik Breitenfeld: Europas Sprachrohr

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für das Zukunftsthema Recruiting.

Foto: Faith Kocak

Wie wär’s zur Einstimmung mit einer kleinen Übung? Lassen Sie dazu Ihre Schultern nach ganz unten fallen. Sacken Sie dann mit dem ganzen Oberkörper in sich zusammen. Legen Sie dann bitte noch den Kopf leicht auf die Seite. Jetzt noch die Mundwinkel ganz nach unten ziehen, um die Bürde des Schicksals zu unterstreichen. Zum Abschluss stimmen Sie bitte noch ein kollektives »Oh Gott, Oh Gott, Oh Gott!« an.

Na, ist Ihnen jetzt so richtig zum Jammern zumute?

Deutschland ist Europameister im Jammern.

Prima, dann haben Sie sich Ihr Teilnehmerzertifikat redlich verdient. Zugegeben: Ganz ernst gemeint ist das Work-out zum Wehklagen nicht. Es stimmt aus dem VHS-Kurs »Jammern, aber richtig« des Kabarettisten Hubert Burghard. Aber mal ehrlich: Die Kunst zu Klagen beherrschen wir Deutschen schon perfekt. Im »Eurobarometer 2010« liegen wir als pessimistischste E-Bürger ganz vorne – und das obwohl viele Menschen in anderen EU-Ländern wirtschaftlich weit schlechter dastehen als wir. Keine Angst: Dieser kleine Prolog soll ihnen nicht den Tag vermiesen. Sondern lediglich zeigen, dass wir den Blick gerne auf das Negative statt das Positive richten. Kennt nicht jeder Redner, der versucht, Menschen für seine Sache zu begeistern, den ewigen Dauernörgler im Publikum, der sich mit Händen und Füßen schicksalsergeben gegen neue Sichtweisen wehrt?

Der Blick auf die Fachkräftezahlen macht sprachlos.

In diesem Klima des »Nein« und »Aber« haben es Visionen schwer, zu wachsen. Das erlebe ich selbst nur zu oft, wenn ich vor Fachpublikum zu meinem Herzensthema spreche: dem europaweiten Recruiting. Eine Idee, dich ich seit über zehn Jahren mit meinem Unternehmen »Humanus« und als persönlicher Coach mit Leidenschaft und Erfolg vorantreibe. Ich gebe allerdings zu: Bei einem nüchternen Blick auf die Zahlen kann es auch dem größten Optimisten die Sprache verschlagen. Denn: Durch den demografischen Wandel fehlen uns bis 2030 physisch 3,9 Millionen Menschen für den deutschen Arbeitsmarkt. Das heißt, dass der Arbeiter, der uns heute fehlt, niemals geboren wurde.

Deutschland geht der Nachwuchs aus. Fehlendes Personal in lebensnotwendigen Einrichtungen wie Krankenhäusern und Pflegeheimen macht das Thema zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem. Leider muss fast jede zweite Klinik kranken Kindern den Zugang verweigern. Mütter liegen mit ihren neugeborenen Babys auf dem Flur. Eltern sind gezwungen, mit ihren Kindern oft lange Fahrtwege auf sich zu nehmen, weil aufgrund des fehlenden Notfallpersonal Intensivbetten nicht zur Verfügung stehen. Kinderkliniken aus ganz Deutschland schlagen Alarm – weil sie überlastet sind.

Wir müssen endlich handeln.

Denn Fakt ist: Über 87.000 Fachkräfte fehlen allein im industriellen Mittelstand. Der Bewerbermarkt ist wie leerge

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