Die Straße der guten Gewohnheiten

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Wer sein Verhalten umkrempeln will, braucht Willensstärke, so eine verbreitete Vorstellung. In Wirklichkeit liegt das Geheimnis dauerhafter Veränderungen oft ganz woanders, zeigt die Forschung

Illustrationen: Xaviera Altena

Samstagabend im Kino. Felix hat sich die ganze Woche auf die Aktion mit den drei besten Freunden gefreut, die sie einmal im Monat machen. Wie immer kauft sich jeder am Eingang eine Cola und eine riesige Tüte mit süßem, buttrigem Popcorn. Felix hat gute Laune. Die Plätze sind bequem und der Film verspricht spannend zu werden. Lustvoll steckt er sich eine Handvoll Popcorn in den Mund. Bäh, der gepuffte Mais ist nicht knusprig und schmeckt, als wäre er schon mehrere Tage alt. Felix quatscht mit den Freunden. Dann geht der Film los. Felix trinkt einen Schluck, seine Hand greift eine weitere Ladung Popcorn. Einmal. Zweimal. Dreimal. Als der Abspann läuft, wird dem Studenten bewusst, dass die Tüte drei viertel leer ist. Er ärgert sich. Knabbereien müssen die Sünde wert sein, das ist seine Devise, sonst sollte man sie besser sein lassen. Warum also hat er bloß so viel von dem schlechten Popcorn gegessen?

Die Geschichte von Felix im Kino ist fiktiv, doch viele Menschen haben schon ähnliche Erfahrungen gemacht: Man isst gedankenlos vermeintliche Leckereien, die einem nicht schmecken; sobald man abends auf dem Sofa liegt, schaltet man den Fernseher ein, obwohl man eigentlich den neuen Roman lesen wollte; jedes Mal, wenn man sich mit bestimmten Leuten trifft, trinkt man zu viel; nach einem Streit mit der Partnerin bestellt man schon wieder ein paar neue Schuhe.

Wenn wir uns genug über uns ärgern, beschließen wir: Es muss sich was ändern! Wir fassen feste Vorsätze und appellieren an unsere Selbstkontrolle. Ab morgen zwinge ich mich dazu, Kuchen oder Chips mit mehr Aufmerksamkeit zu essen. Von jetzt an bleibe ich standhaft bei nur einem Glas Wein. Bevor ich das nächste Paar Schuhe kaufe, überlege ich genau. Am Anfang verbuchen wir gewisse Erfolge, aber nach einer Weile lässt unsere Disziplin nach. Wir fallen in alte Muster zurück – und fühlen uns als Versager und Versagerinnen.

Um sein Verhalten zu verändern – mehr Sport treiben, gesünder essen, sparsamer werden –, muss man vor allem Willenskraft haben. Davon sind viele Menschen überzeugt. Und wenn sie mit ihren Zielen und guten Vorsätzen scheitern, dann schreiben sie es mangelnder Selbstdisziplin zu. So sagen hierzulande rund 40 Prozent der Befragten, der Grund, warum es bei ihnen mit der gesunden Ernährung nicht k lappe, liege in ihrem fehlenden Durchhaltevermögen. Unter übergewichtigen Amerikanern und Amerikanerinnen glauben sogar 80 Prozent, dass fehlende Selbstkontrolle ihr größtes Hindernis bei der Gewichtsabnahme sei.

In Wahrheit bestehe das Problem nicht darin, dass unsere Vorsätze zu halbherzig oder wir zu

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