Überflieger mit Abtrieb

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Vor 40 Jahren begann die Erfolgsstory der Porsche 956 und 962. Dank mächtig Abtrieb und perfekter Teamarbeit beherrschten die Sportprototypen weltweit die nach den Regeln der »Gruppe C« ausgetragenen Rennserien. Im August 2022 feierte Porsche in Leipzig den Geburtstag der Überflieger.

AUTOR WILFRIED MÜLLER FOTOGRAFIE PORSCHE AG

Rennwagen-Ikonen sind sie alle: der Porsche 956 Langheck (vorne), der 956 Kurzheck (rechts) und der 962 Kurzheck (links).

Die Kutscher von damals sind bei bester Laune, wie sie da auf Klappstühlen in einem großen Hangar im Leipziger Porsche Experience Center sitzen. Der Brite Derek Bell (Jahrgang 1941) und sein deutscher Ex-Kollege Jochen Mass, Ende September 76 Jahre alt, sowie Hans-Joachim Stuck, der 71 Lenze auf dem Zähler hat, fuhren in den 80ern für das Werksteam. Timo Bernhard (41) und Bernd Schneider (58) sind die Junioren im Club der ehemaligen Porsche-Rennfahrer. Der Ingenieur Helmut Schmid berichtet herrlich schwäbelnd über abnehmenden Spritverbrauch und steigende PS-Zahlen der Rennmotoren. Und der ehemalige Projektleiter Norbert Singer (1939 geboren) ist per Video-Schalte dabei. Beim Club der Gentleman-Glüher stehen sechs Exemplare des erfolgreichsten Porsche- Rennprototyps, der als 956, 962 C und 962 IMSA in den 80er-Jahren vornehmlich im Langstreckensport alles gewann, was es zu gewinnen gab. Dieses Auto und die Menschen, die es bewegten, feierte Porsche im Sommer 2022 auf der Werksrennstrecke in Leipzig unter der Headline »40 Jahre Gruppe C«.

Die »Gruppe C« war die konstruktiv extremste von drei Rennwagenklassen, die ab 1982 bis 1992 in der Langstrecken-Weltmeisterschaft und in nationalen Championaten starteten. Das technische Reglement schrieb für die WM ein Mindestgewicht von 800 Kilogramm und einen Tankinhalt von 100 Litern vor. Für die übliche Renndistanz von 1.000 Kilometern gestand das Reglement den Gruppe-C-Rennwagen 600 Liter Treibstoff zu, was damals eine Herausforderung an die Effizienz der Rennmotoren darstellte. Ein Dach und bestimmte Außenmaße mussten die neuen Rennwagen haben, ansonsten genossen die Designer freie Hand. Am 22. Juni 1981 gab der Vorstand dem Rennleiter Peter Falk das Budget zur Entwicklung eines Rennprototypens frei, und die »Flachter Fünferbande« machte sich an die Arbeit. Unter Falks Ägide fungierte Norbert Singer als Aerodynamik-Zauberer und Projektleiter; Horst Reitter konstruierte das Chassis, Eugen Kolb zeichnete für die GFK-Karosserie verantwortlich, und Valentin Schäffer entwickelte den 2,65-Liter-Biturbo weiter, der ursprünglich für einen Rennwagen in der amerikanischen