Die Akte Studebaker

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Der erste Porsche mit vier Türen heißt weder Cayenne noch Panamera. Das Auto, das die junge Marke für den US-Markt entwickelt, gehört vor 70 Jahren zu den geheimsten Projekten der Branche. Für Porsche ist die Nummer 542 ein Auftrag, der die Zukunft sichert. Und für Studebaker ist sie ein Symbol des knappen Scheiterns.

AUTOR CHRISTIAN STEIGER FOTOGRAFIE PORSCHE-ARCHIV

Familienfoto. Ferry Porsche mit Sohn Wolfgang bei Versuchsfahrten in der Schweiz, wahrscheinlich im August 1954; im Hintergrund der Studebaker, der eigentlich ein Porsche ist.

Der Beginn der Geschichte ließe sich auch verfilmen – ein Roadmovie, wie es Porsche-Enthusiasten heute gern sehen würden. Es ist ein Samstag im Mai 1952, an dem die Reisegruppe in der feinen Park Avenue von Manhattan aufbricht. Der Weg ist lang, über 700 Meilen legen die vier Männer in ihren kleinen deutschen Autos zurück. Eines davon ist ein serienmäßiger Porsche 356, wahrscheinlich ein 1300er mit 44 PS, doch genau ist das nicht überliefert. Das andere ist ein Porsche-Prototyp, der viersitzige 530, den der kleine Hersteller mit hohen Kosten nach New York verschifft hat. Aber es ist ja auch der junge Chef selbst, der ihn von New York nach South Bend steuert. Begleitet wird Ferry Porsche von seinem Karosseriekonstrukteur Erwin Komenda, seinem Sekretär Ghislaine Kaes und Max Edwin Hoffman, dem gebürtigen Österreicher, der dabei ist, die junge Sportwagenmarke in Amerika bekannt zu machen.

Die Reise ist geheim, so steht es auch auf vielen Schriftstücken, die im Porsche-Archiv erhalten bleiben. Es geht um einen kühnen Plan im Frühjahr 1952. Jeder Autokenner weiß damals, dass in South Bend, Indiana, die Firma Studebaker sitzt, der Größte unter den Kleinen im amerikanischen Automobilgeschäft. Aber keiner ahnt, dass sich die Traditionsmarke ausgerechnet von einer Sportwagen-Manufaktur aus Germany fit für die Zukunft machen lassen will. Selbst gut informierte Journalisten hätten es damals schwer, ein solches Gerücht als Meldung in großen Fachmagazinen unterzubringen. Die Chefredakteure würden sich eher an die Stirn tippen, als eine solche Ente ins Blatt zu heben.

So stehen die Dinge, als die vier Männer am Sonntag in South Bend ankommen. Und doch fährt Ferry Porsche am 16. Mai 1952 mit einem unterschriebenen Vertrag nach Zuffenhausen zurück. Es ist die Geburtsstunde des Typ 542, der nie in Serie geht und doch einen Dauerparkplatz in der Porsche-Geschichte hat: als erster Viertürer der Nachkriegszeit und als Devisenbringer, mit dem Porsche die dringend notwendige Erweiterung des Zuffenhausener Werks bezahlen kann. Dass der Typ 542 ke