Lauter sein als die Hassredner

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Hass-Postings im Web sind nicht nur eine lästige Begleiterscheinung der sozialen Medien. Sie verletzen, sie stacheln zur Offline-Gewalt auf und hindern Menschen daran, sich am demokratischen Diskurs zu beteiligen. ■ JAN KADEN

GEWALTAUFRUFE UND DISKRIMINIERUNG IN SOZIALEN MEDIEN

Bild: Nicoleta Ionescu / Shutterstock.com

Vielleicht haben Sie das schon erlebt: Man liest Postings zu einem unpolitischen Video oder Kommentare zu einem Computerspiel. Plötzlich tauchen rassistische oder sexistische Äußerungen auf und lassen die Diskussion entgleisen.

Manche blättern einfach genervt weiter, doch das ist kein Ausweg. Bei Hass-Postings geht es nicht um folgenlose Pöbeleien, sondern um Straftaten mit teils gravierenden Folgen. Einschlägige Paragrafen sind zum Beispiel das Verwenden von verbotenen Symbolen wie dem Hakenkreuz (§86a), Volksverhetzung und Holocaust-Leugnung (§130), Verleumdung (§187), Beleidigung (§185) und üble Nachrede (§187).

Hass ist nicht selten

In einer forsa-Umfrage vom März 2022 haben nur 22 Prozent von gut 1000 Befragten noch nie Hass-Reden im Web erlebt. 36 Prozent gaben an, häufig oder sogar sehr häufig damit konfrontiert zu sein. Laut forsa werden Hass-Postings seit 2018 etwa gleich häufig wahrgenommen. Eine Zunahme – etwa durch die Pandemie – konnten die Betreiber nicht beobachten.

In einer früheren Studie des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) von 2019 gaben 40 Prozent der 7349 Befragten – regelmäßige Internetnutzer – an, Hassbotschaften gesehen zu haben. Die Ziele waren meistens Menschen mit Migrationshintergrund, amtierende Politiker, Muslime und Flüchtlinge. Acht Prozent der Befragten waren nach eigenen Angaben selbst schon einmal Opfer von Hass-Postings. Besonders hoch ist die Rate der Betroffenen mit 17 Prozent bei den 18- bis 24-Jährigen. Schon damals waren fast alle Teilnehmer der Studie der Ansicht, dass Hass-Postings in den vergangenen vier Jahren zugenommen hätten. Hassmelden.de berichtet im November 2021, dass sich die Meldungen von strafbaren Äußerungen im Internet seit dem Start des Onlineangebots im März 2019 gut verzehnfacht hätte. 2019 bekam Hassmelden.de 26 439 Meldungen, 2021 waren es 351 600. Jede zweite Meldung betrifft den Tatbestand der Volksverhetzung. Bei etwa 20 Prozent geht es um Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Etwa 70 Prozent der gemeldeten Hass-Botschaften haben also rechtsextremen Hintergrund.

Ähnliches teilte der Hate-Speech-Beauftragte des bayerischen Justizministeriums in seiner Bilanz 2021 mit. In diesem Jahr seien 2317 Verfahren eingeleitet worden. 2020 waren es 1648. In 450 Fällen

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