ALTER SCHWEDE

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Der Kungsleden zieht als schmales Band durch die endlose Wildnis Schwedisch-Lapplands. outdoor-Redakteur Philip Geiger ist dem Weg fünf Tage gefolgt.

Bis auf einen leisen Wind herrscht absolute Stille auf dem Kungsleden.
Nicht für Frostbeulen: ein Bad im eiskalten Alisjávri.
Manchmal sagt selbst der Bär: Ich kann nicht mehr. Zeit für eine Pause im Fjäll.

E rdbeeren. Das wäre es jetzt. Oder wenigstens mal wieder irgendein frisches Obst.« – »Oh ja, oder was Süßes … was würde ich nicht alles für einen Apfelstrudel geben.« – »Jetzt habe ich es: Maultaschen! Für mich bitte Maultaschen!« Den ganzen Vormittag über träume ich schon mit Tina aus München von all den Leckereien, die wir gerne essen würden. Kein Wunder nach drei Tagen Tütenfutter – morgens, mittags und abends. Die letzte frisch zubereitete Mahlzeit liegt gefühlt eine halbe Ewigkeit hinter uns, und in weite Ferne ist auch die Zivilisation gerückt.

Ich wandere durch ein Tal, links und rechts Dutzende kleiner Wasserfälle, die zu Bächen werden, die wiederum in kleine Seen münden. Auf einem Hügel grast eine Herde Rentiere, und über allem spannt sich ein gigantischer Regenbogen. Zwick mich mal jemand, das muss ein Traum sein, denke ich in solchen Momenten. Aber es ist alles echt.

Ich befinde mich auf dem legendären Kungsleden, zu Deutsch: Königsweg. Er teilt sich in zwei nicht miteinander verbundene Abschnitte – der nördliche Teil führt vom obersten Zipfel Schwedens in Abisko 450 Kilometer bis in den Weiler Hemavan. Das südliche Pendant verläuft 330 Kilometer von Sälen bis an die norwegische Grenze.

Mit der Bahn kamen die Wanderer

Es ist ein Weg mit langer Tradition. Seit Ende des 19. Jahrhunderts wird im Norden Schwedens bei der Stadt Kiruna in großem Stil Eisenerz abgebaut. Um es in die nordnorwegische Hafenstadt Narvik zu transportieren, wurde damals schnell eine Eisenbahnstrecke gebaut, doch auch von Süden her, von der schwedischen Stadt Luleå, kam Kiruna ans Bahnnetz. Der schwedische Tourismusverband sah darin schon früh eine Chance, Schwedisch-Lappland für Naturbegeisterte zugänglicher zu machen und begann in den 1920ern an einer der Bahnstationen, Abisko, mit dem ersten Abschnitt des Kungsleden. Bis heute führt er von Abisko 70 Kilometer in den Süden, um dann einen 30 Kilometer langen Stich Richtung Osten zu machen, nach Nikkaluokta. Der Abweg hat einen Grund: Man kommt auf ihm am Kebnekaise vorbei, dem mit 2097 Metern höchsten Berg Schwedens. Vor drei Tagen sind auch wir an ihm vorbeigewandert, allerdings in Gegenrichtung: Von Nikkaluokta aus auf das gut 100 Kilometer entfernte Abisko zu, so wie alle Teilnehmer des berühmten Fjällräven Classic. Seit 2005 lädt der schwedische Outdoorhersteller Fjällräven Wanderbegeisterte aus der ganzen Welt einmal im Jahr auf diesen Teil des Kungsleden ein,

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