FRIEDHOF DER FAST FASHION

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In der Atacama-Wüste in Chile liegen gigantische Berge von Kleidung aus aller Welt auf Halde. Der Textilmüll zeigt auf, was die Konsummode anrichtet.

Der Student Francisco Ángel durchwühlt die Kleiderberge nach Stücken, mit deren Verkauf er sich auf dem Markt etwas Geld hinzuverdient. Woche für Woche kommen im Freihafen Iquiques Container mit gebrauchten und neuen Textilien an. Einige Teile werden von dort weiterverkauft, aber Tonnen von Kleidung landen auf der Müllkippe.
FOTOS TAMARA MERINO
Gebrauchte Schuhe liegen zwischen Stapeln ausrangierter Kleidung. Die Halde im Norden Chiles ist ein Sinnbild für den Aufstieg der Fast Fashion und die Probleme, die der globalisierte Handel verursacht.

DIE ATACAMA-WÜSTE IM NORDEN CHILES reicht vom Pazifik bis zu den Anden. Die karge Fläche aus rot-orangefarbenen Felsschluchten und Gipfeln erinnert an Landschaften auf dem Mars. Als eine der trockensten Wüsten der Erde ist sie ein beliebtes Ziel für Touristen, die den Sternenhimmel beobachten möchten.

Daneben hat die Atacama auch als eine der größten Müllhalden für Mode von gestern Berühmtheit erlangt. Hier endet die ausrangierte Kleidung aus Massenproduktion, die sogenannte Fast Fashion. Die „schnelle Mode“ produziert so viel Müll, dass die Vereinten Nationen den „ökologischen und sozialen Notfall“ ausgerufen haben. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Dafür sprechen zumindest die Zahlen: Zwischen 2000 und 2014 hat sich die Textilproduktion verdoppelt. Verbraucher kaufen 60 Prozent mehr Kleidung und tragen sie nur noch halb so lange wie früher. Geschätzt landen drei Fünftel aller Kleidungsstücke innerhalb eines Jahres nach ihrer Herstellung auf Mülldeponien oder in Verbrennungsanlagen. Das entspricht einer Lastwagenladung pro Sekunde. Die Anlagen, größtenteils in Südasien oder Afrika, können diese Mengen nicht mehr bewältigen. Eine Müllkippe in der Nähe der ghanaischen Hauptstadt Accra hat internationale Berühmtheit als Symbol für die Fast-Fashion-Krise erlangt: Sie soll 20 Meter hoch sein und zu 60 Prozent aus Kleidung bestehen.

In einem Internetvideo aus Chile, das die Szenerie im Norden des Landes zeigt, wird der Müllberg in der Wüste als „Great Fashion Garbage Patch“ bezeichnet, in Anlehnung an den Plastikmüllstrudel im Pazifischen Ozean, den „Great Pacific Garbage Patch“. Gigantische Haufen weggeworfener Kleidung mit Etiketten aus aller Welt türmen sich am Rand von Alto Hospicio, einer armseligen Stadt mit 120000 Einwohnern. So weit das Auge reicht, liegen Jeans und Sakkos, von der gleißenden Sonne ausgebleicht, über Bergen von Kunstpelzmänteln und Hemden, an denen noch Etiketten hängen. Darunter mischen sich Flaschen, Tüten und anderer Müll.

Die Bilder im Internet überraschen selbst Chilenen. „Mich hat es schockiert, dass wir zur Textilmüllhalde für Industrieländer geworden sind

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