Neue Ausgrabungen in einer antiken ägyptischen Grabanlage geben Aufschluss darüber, dass das Handwerk der Leichenmumifizierung einst ein florierendes Geschäft war. „Kunden“ waren nicht nur die Pharaonen.
TEXT JASON TREAT • ILLUSTRATIONEN OWEN FREEMAN
WERKSTATT FÜR DIE EINBALSAMIERUNG
IN DER UNTERIRDISCHEN Einbalsamierungswerkstatt (Wabet) in der altägyptischen Nekropolis von Sakkara beginnt der 70-tägige Mumifizierungsprozess. Ein Priester in der Maske des Anubis, des schakalköpfigen Gottes der Bestattungsriten, begleitet den Prozess. Während der 26. Dynastie (664–525 v. Chr.) versuchten die Einbalsamierer, die Toten möglichst lebensecht herzurichten. Dann konnte ein Priester den Körper wieder mit seinem Geist, dem Ka, vereinen, und der Verstorbene trat seine letzte Reise ins Jenseits an. Die Darstellung basiert auf den Arbeiten des verstorbenen Archäologen Ramadan Hussein.
RECHERCHE: BRANDON SHYPKOWSKI QUELLEN: SUSANNE BECK, UNIVERSITÄT TÜBINGEN; SALIMA IKRAM, AMERIKANISCHE UNIVERSITÄT KAIRO
DAS TOR ZUM NACHLEBEN
SAKKARA, DIE NEKROPOLE der altägyptischen Hauptstadt Memphis, liegt am Westufer des Nils – in Richtung der untergehenden Sonne, wo nach damaligem Glauben das Leben nach dem Tod begann. Eine 2016 entdeckte Werkstatt lieferte neue Beweise dafür, dass die Einbalsamierung unterirdisch stattfand; im Jahr darauf wurde der Grabschacht K24 gefunden. Die Anlage stammt aus der 26. Dynastie (Spätzeit des Alten Ägyptens). Zu jener Zeit hatten sich die Rituale und Verfahren der Mumifizierung bereits seit mehr als 2000 Jahren entwickelt. Mumienfunde aus der Frühdynastischen Zeit stammten wahrscheinlich von Königen. Bereits im Alten Reich hofften auch Priester und andere Eliten darauf, unter den Göttern zu leben.
DIE ENTWICKLUNG DER MUMIFIZIERUNG IM ALTEN ÄGYPTEN
Frühdynastische Zeit
Leichen werden in mit Harz und Mineralsalzen behandelte Leinenbinden eingewickelt; Eingeweide verbleiben im Körper.
Altes Reich
Mumifizierung auch nicht königlicher Eliten. Zu den Neuerungen gehören das Anlegen von Binden um jedes Glied, das Ausweiden des Körpers und die Aufbewahrung der Eingeweide in heiligen Gefäßen (Kanopen).
Erste Zwischenzeit
Mittleres Reich
Neue Techniken sind u. a. die Entfernung des Gehirns durch die Nase. Durch Injektion von Harzen aufgelöste Eingeweide werden durch Körperöffnungen entnommen.
Zweite Zwischenzeit
Neues Reich
Die Entfernung des Gehirns wird zum Standardverfahren.
Dritte Zwischenzeit
Die 21. Dynastie ist der Höhepunkt des Handels. Bemühungen, den toten Körper lebensecht aussehen zu lassen, umfassen das Ausstopfen von Brust- und Bauchhöhlung, um ihre Formen zu e