Die harte Kante zeigen

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Wo andere Hersteller um ein geschmeidiges Äußeres bemüht waren, verließ sich Lotus auf die Wirkung des Winkels – und steckte das Hirnschmalz in Fahrwerk und Antrieb. So entstand ein Sportwagen, der seinesgleichen sucht.

Gut zu wissen

LOTUS TURBO ESPRIT Eckdaten: R4-Motor, DOHC, 2174 cm3 , 212 PS, 1148 kg, 250 km/h, 1981 bis 1992 Preis: 44 300 Euro (guter Zustand) Charakter: Kompromisslose Fahrmaschine, kompakt, leicht, potent. Ein Auto für einen selbst, nicht für andere

Kraftmaschine: Längs hinter der Fahrerkabine platziert, optimiert der kompakte Reihenvierzylinder die Gewichtsverteilung

Beim Lotus Esprit von einer Ikone zu sprechen, ist ausnahmsweise mal keine überbeanspruchte Floskel. Denn der flache Brite symbolisiert nicht nur zwei faszinierende Welten – gestalterisch und fahrdynamisch. Er fügt ihnen auch noch eine eigene Definition hinzu.

Überdies lässt er sich auf zwei Perspektiven reduzieren: die innere und die äußere. Letztere ist geprägt vom ungewöhnlichen Verhältnis von Breite zu Höhe. Überall, wo der Esprit auftaucht, weckt er Erinnerungen an die Kindheit – zumindest bei allen zwischen 25 und 65. Auch eine Folge der langen Bauzeit : Von 1976 bis 2004 wurde der Lotus in mehreren Iterationen in Hethel/South Norfolk zusammengefügt.

Traumhaft: der Agentenfaktor

Die Grundform blieb dabei immer unverkennbar: flach, keilförmig, die harte Kante als prägendes Stilmerkmal, unverwechselbare Handschrift des Gestalter-Genies Giorgetto Giugiaro. Das von ihm geschaffene reduzierte Design, eine perfekte Komposition aus in den richtigen Winkeln angeordneten, messerscharf gezogenen Linien, lässt sich einfach nicht verbessern, auch wenn es Peter Stevens, der später den McLaren F1 und zahlreiche MG zeichnete, 1987 mit einem Facelift und neuem Felgendesign versucht hat. Das i-Tüpfelchen sind beim Turbo Esprit die BBS-Kreuzspeichenfelgen: Harmonie in unvergleichlicher Ausdrucksform.

Die Faszination dieses Sportwagens gründet jedoch nicht allein auf dem Design. Sie ist auch maßgeblich geprägt durch den generationenübergreifenden Charme von James Bond und seinen von Techniker „Q“ bereitgestellten, mit allerlei Gimmicks ausgestatteten Dienstwagen. Die Auftritte in den 007-Filmen „Der Spion, der mich liebte“ von 1977, nur ein Jahr nach der Esprit-Premiere, und „In tödlicher Mission“ (1981) machten den Lotus weltberühmt. Seine Rolle als tauchendes und bewaffnetes U-Boot „Wet Nellie“ gehört zu den cineastischen Höhepunkten einer langen Automobilkarriere.

Millionen von Kinobesuchern wünschten sich einen solchen automobilen Helden – nicht mehr den braven, zu „Herbie“ mutierten VW Käfer, sondern einen rassigen Sportwagen. Nach dem Film beflügelten sie notgedrungen zunächst mit einem Corgi-Auto ihre Fantasie.

Das ist die eine Perspekt