Genesis of the V12

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Meine Sammlung bunter Auto-Broschüren kennt einen einsamen Leuchtturm. Die anatomische Darstellung des Jaguar-Zwölfzylinders mit Folien wie aus dem Medizin-Lehrbuch.

TEXT & FOTOS Alf Cremers // ILLUSTRATION Franziska Moltenbrey

Es gibt Wörter, die spricht man mit Ehrfurcht aus, weil sie einen gewissen Absolutheitsanspruch haben. Das Wort „Genesis“ gehört zu diesem, ja sagen wir ruhig, metaphysischen Reigen: Es ist autoritär, klangvoll und mystisch, ein griechisches Weltkulturerbe menschlichen Sprachschatzes, das schlichtweg Entstehung, Geburt oder Ursprung heißt, im Alten Testament als „Erstes Buch Genesis“ die Schöpfungsgeschichte beschreibt und bei Adam und Eva anfängt. Das absolute Lieblingsstück meiner Prospektsammlung heißt „Genesis of the Jaguar V12“, so steht es auf dem recht abstrakten Titelbild der 42-seitigen, komplex aufgebauten Broschüre. Ein loderndes, von Metallspänen genährtes Höllenfeuer versinnbildlicht wohl beides, die materielle Entstehung des Motors aus flüssigem Metall und die entfesselte Flammfront in den zwölf Brennräumen. Auch meine Jaguar-Genesis beschreibt eine großartige Schöpfungsgeschichte, wenn auch keine göttliche, sondern eine humanen Geistes.

Gezähmt für die Großserie, 26 Jahre lang gebaut

Geschildert wird in blumigem Englisch mit berechtigt heroischem Akzent die großartige Ingenieursleistung von Claude Baily, Walter Hassan und Harry Mundy, welche den ersten Großserien-Zwölfzylinder in der Geschichte des Automobils schufen. Abgeleitet von dem Rennwagen-Triebwerk XJ 13, musste der nun domestizierte V12 aus Kostengründen, wegen der angestrebten Flüster-Laufruhe und einer Hochplateau-Drehmomentkurve, mit nur zwei statt vier Nockenwellen Vorlieb nehmen. Was dem kurzhubigen 5,3-Liter an ingeniösen Meriten blieb, ist die direkte Betätigung der zwei Ventile pro Zylinder über Tassenstößel sowie der Leichtm