Eine Beziehung mit Höhen und Tiefen

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Badeurlaub am Strand finden unser Autor und seine Frau langweilig. Stattdessen wollten sie letzten Sommer einmal über die Alpen – im Laufschritt: 12000 Höhenmeter, 250 Kilometer, 7 Tage, 1 Reisebericht. Auf geht‘s!

Text:HENNING LENERTZ Fotos: CHRISTIANE u n dHENNING LENERTZ

W as schreibst du eigentlich, wenn nichts Dramatisches passiert?“, fragte mich meine Frau Christiane im Verlauf des zweiten Tag unserer Alpenüberquerung. Wir liefen im Sonnenschein entlang eines Hanges, der übersäht war mit den rosafarbenen Blüten der Rostblättrigen Alpenrose – ja, ich habe nachgeschlagen, wie die Pflanze heißt. Ich zuckte mit den Schultern. Ehrlich gesagt, hoffte ich, dass nichts passiert. Dass wir jeden Tag durch wunderschöne Landschaften laufen und abends erschöpft ins Bett fallen. Ein Abenteuer ohne wirkliches Abenteuer.

Aber so kam es dann doch nicht. Nach nur wenigen Kilometern zuckten in einiger Entfernung Blitze am Himmel. Das Gewitter sollte doch erst in 2 Stunden kommen. Wir waren nur 5 Kilometer von unserer Unterkunft in St. Jakob entfernt. In einer halben Stunde sollten wir unten sein. Kein Grund zur Sorge. Doch der immer stärker werdende Regen verwandelte den schmalen in einen schlammigen Pfad. Immer öfter leuchtete es über uns kurz hell auf, bevor es immer ohrenbetäubender krachte.

Da haben wir unsere Dramatik, dachte ich und spürte, wie die Panik in Christiane größer wurde. Sie bewegte sich zusehends unsicherer und quälend langsam vorwärts. Dann prasselte auch noch Hagel auf uns nieder. Es wurde bitterkalt. Als Christiane auf einer Holzbrücke wegrutschte und stürzte, sammelten sich Tränen in ihren Augen. Ich nahm sie in den Arm. „Wir kommen hier heil runter“, redete ich auf sie ein und hoffte, dass meine Worte sie, aber auch mich beruhigten. Ich fühlte mich verantwortlich, schließlich hatte ich das alles hier geplant.

Den Gedanken einer Alpenüberquerung trugen Christiane und ich schon ein paar Jahre mit uns herum. Auf einen Gipfel zu laufen eröffnet jedes Mal buchstäblich neue Perspektiven. Dieses Gefühl mit dem Drang zu verknüpfen, sich aus eigener Kraft von A nach B zu bewegen, machte eine Alpenüberquerung in unseren Augen unglaublich logisch. Tausende sehen es jedes Jahr offenbar ähnlich und machen sich mit dem Fahrrad oder in Wanderschuhen auf den Weg. Wir aber wollten laufen. Anstelle einer der Standard-Transalp-Routen wie Oberstdorf-Meran von Nord nach Süd zu folgen, wollten wir von Süd nach Nord. Weil ich schon oft von den Dolomiten geschwärmt hatte,

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