„VIELE VON UNS MACHEN ERST EINMAL DICHT“

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„Toxische Männlichkeit betrifft alle Männer“, sagt Buchautor Sebastian Tippe. Rums! Oft sei ihnen das gar nicht bewusst. Wie man das ändern kann, verrät der Experte im Interview

Interview: BIRK GRÜLING

Schwerpunkt Toxische Männlichkeit

Foto: IBAI ACEVEDO/STOCKSY UNITED

Herr Tippe, bitte geben Sie uns mal ein paar Beispiele für toxische Männlichkeit.

Da gibt es viele Gesichter. Ein Beispiel ist das so genannte Mansplaining: Männer unterbrechen Frauen, um ihnen ungefragt die Welt zu erklären. Das bewusste Verschweigen von weiblichen Leistungen gehört ebenfalls dazu. Darum sind Forscherinnen in der öffentlichen Wahrnehmung oft weniger präsent als männliche Kollegen. Ein ähnliches Phänomen ist Repeating:

Männer wiederholen nur das von Kolleginnen Erarbeitete und klauen so deren Ideen.

Das alles sorgt dafür, dass Männer besser dastehen.

Ein großes Problem ist der ausgeprägte Konkurrenzgedanke vieler Männer, der dazu führt, dass sie häufiger Einzelkämpfer sind und im Team weniger gut arbeiten. In beruflichen Kontexten wird eine solche männliche Dominanz häufig als positiv wahrgenommen. Bei Frauen gelten ähnliche Verhaltensmuster als eher negativ. Auch das Missverhältnis von Care-Arbeit zwischen Mann und Frau fällt aus meiner Sicht unter toxische Männlichkeit. Und dann gibt es noch die bewusste Grenzüberschreitung, das Nichtakzeptieren einer Zurückweisung oder auch das Verschicken von Dickpics. Sexuelle und körperliche Gewalt gegen Frauen sind noch extremere Ausprägungen.

Betrifft das alle Männer?

Aus meiner Sicht ja. Männer werden schon als Kind durch Männlichkeitsideale geprägt, durch Elternhaus und Schule, durch Freunde oder medial vermittelte Bilder. Jungen müssen stark sein, möglichst wenig Gefühle zeigen. Sogar zu kämpfen gilt als männlich. Durch diese Prägung entsteht bei uns allen eine toxische Männlichkeit, auch wenn die sich in unterschiedlicher Intensität zeigt. Manchmal geht es nur darum, laut aufzutreten und viel Raum mit seiner Person einzunehmen.

Dieser Generalverdacht stößt sicher auf Kritik?

Ich kenne und verstehe die Ablehnung. Diese entsteht oftmals aus der männlichen Sozialisation heraus, zum Beispiel wenn es darum geht, die eigene Stellung, eigene Privilegien zu hinterfragen. In diesen Situationen gehen viele Männer erst mal in eine Verteidigungshaltung über und machen dicht. Gleiches gilt fürs Auseinandersetzen mit dem eigenen Verhalten. Das ist immens anstrengend und kostet eine Menge Kraft, gerade wenn ich wirklich nachhaltig Dinge verändern möchte. Gleichzeitig erlebe ich häufig, dass sich Männer nach anfänglicher Skepsis a

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