Intellektuelle, Künstler und andere Bürger hätten gern einen eigenständigen Staat behalten

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CLAUDIA MICHELSEN

Die Schauspielerin Claudia Michelsen über Herausforderungen im Leben und wichtige Veränderungen – nicht nur in ihrem Beruf.

FOTOS RAFAELA PRÖLL

MAX: Frau Michelsen, Sie übernehmen immer wieder Rollen in historischen Stoffen, doch Ihr neuer Kinofilm „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ spielt nun zu einer Zeit, die Sie selbst miterlebt haben. War es für Sie etwas Besonderes, sich noch einmal der DDR kurz vor dem Mauerfall zu widmen?

Claudia Michelsen: Zunächst einmal war es etwas Besonderes, wiederholt mit Aelrun Goette arbeiten zu können. An dieser Geschichte hat sie sehr lange gearbeitet, auch weil sie teilweise autobiografisch ist. Und dass ich die Chefredakteurin der DDR-Modezeitschrift Sybille spielen durfte, kam dann für mich noch erfreulich dazu. Denn Anfang der 90er hat die große Sibylle Bergemann mal Fotos mit mir für diese Zeitschrift gemacht. Die Fotografen der Sybille waren und sind allesamt großartige Künstler, die Zeitgeschichte und Kunst miteinander verbunden haben. Und der Film ist eine kraftvolle Momentaufnahme dieser Zeit mit einer großartigen Hauptdarstellerin.

MAX: Realistischer?

Michelsen: Zumindest ist das eine DDR, die ich kenne, die aber so noch nicht erzählt wurde. Natürlich kommt in der Geschichte auch die Stasi vor, aber erst einmal ist es die Geschichte einer jungen Frau um 1988, gespielt von der wunderbaren Marlene Burow. Aber es geht auch um ein Gefühl der Freiheit, der Wildheit, der Kreativität, ein Gefühl, das wir alle hatten. Ein positives Lebensgefühl, ein anderes Miteinander, eine Kraft, die es gab, trotz kranken Systems.

MAX: Zu dem Lebensgefühl gehört auch, dass Veränderung in der Luft liegt. Fast fragt man sich, wie es weitergegangen wäre, wenn die Wende ausgeblieben wäre …

Michelsen: Oder wenn sie „anders“ gekommen wäre. Tatsächlich ist ja etwas in Vergessenheit geraten: dass die meisten von uns damals auf etwas anderes gehofft hatten. Wir wollten nicht „BRD“ werden. Viele hätten gern einen eigenständigen, neuen Staat gegründet. Aber wir alle wissen, was dann kam. Wollt ihr Bananen und die Aussicht auf die dicke Westmark, Schlaraffenland und viele andere Versprechen, nun ja, und plötzlich gab es keine Chance mehr, etwas anderes umzusetzen, etwas Neues.

MAX: Sie betonen die guten Erinnerungen an das Leben in der DDR. Würden Sie im Rückblick sagen, dass Sie dort genug Raum hatten, zu wachsen und sich zu entfalten?

Michelsen: Nein, natürlich konnte man sich nicht so entfalten wie anderswo, auch weil das Reisen fehlte, das Entdecken der Welt, anderer Kulturen. Aber trotzdem bin ich in einem Land aufgewachsen, in dem aus Mangel Kreativität entstand. Menschen hatten eine klare Haltung zum System, diese und je

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