Auch Erfolg kann zu einem Trauma führen

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JUDITH HOLOFERNES

Die Musikerin Judith Holofernes hat ein Buch geschrieben. Über die Helden, den frühen Erfolg, Träume und das echte Leben.

Album, Promotion, Tour. Beinahe 20 Jahre lang bestimmt die Dynamik des Musikbetriebs Judith Holofernes’ Leben. In dieser Zeit wird sie, mit Wir sind Helden und ihrem Soloprojekt, zu einer der bekanntesten und prägendsten Sängerinnen ihrer Generation. Nun hat sie ein sehr persönliches Buch darüber geschrieben. Offen, bisweilen schonungslos und immer kurzweilig blickt sie zurück auf die Zeit nach den Helden, auf Krisen, Träume und eine wegweisende Entscheidung – und zeigt sich dabei als feinsinnige Erzählerin. Dass sie eigentlich lieber schreibt als spricht, war dann auch der Einstieg in ein Gespräch über »Die Träume anderer Leute« und wie Judith Holofernes sich nach und nach aus den kommerziellen Zwängen und der Enge des Musikbetriebs befreit hat. Wie sie zu der Künstlerin wurde, die sie so lange sein wollte – und damit ihr Leben zurückbekam.

MAX: Woran hast du heute Morgen als Erstes gedacht, als du in den Spiegel geschaut hast?

Judith Holofernes: Oh, das ist bei mir immer relativ spät. Meistens kurz bevor ich mit dem Hund rausgehe und nachdem ich schon zwei Kinder für die Schule vorbereitet habe. Da bin ich schon relativ wach. Das ist also nicht mehr der Bewusstwerdungsmoment, sondern höchstens ein kurzer Check, ob ich noch das Make-up von gestern im Gesicht hängen habe.

MAX: Das klingt ja nach einem ziemlich normalen Leben.

Judith: Nun ja, mein Leben ist zwar immer noch sehr komplex, hat sich aber stark vereinfacht. Seit ungefähr drei Jahren ist das so. Mein Leben ist sehr viel übersichtlicher geworden, ohne dabei irgendwie langweilig zu sein.

MAX: Hat sich denn das im Buch anfänglich formulierte Ziel erfüllt, dass du dein Leben zurück willst?

Judith: Ja, also (Pause). Ja, ehrlich gesagt total (Pause), die letzten drei, vielleicht auch schon vier Jahre sieht mein Alltag endlich so aus, wie ich es mir lange gewünscht habe. Natürlich mit den Grenzen, die eben schulpflichtige Kinder so mit sich bringen. Im Großen und Ganzen ist es aber aufgegangen, was ich da wollte, nämlich einen wirklich viel größeren Teil meiner Zeit mit kreativer Arbeit zu verbringen. Und siehe da, es bekommt mir vortrefflich. Es ist sogar eher so, dass ich jetzt öfter mal denke, wusste ich es doch, dass das geht.

MAX: Und nun geht es wieder los?

Judith: Ja, jetzt kommt der Stresstest. Mit der Veröffentlichung dieses Buches kommt jetzt wieder das Überprüfen, wie ich mein Leben gestalten will. Die letzten Jahre hat das ja niemand großartig angefochten.

MAX: Das Buch heißt „Die Träume anderer Leute“ und stellt die Frage „Wie macht man aus einem Märchen ein echtes Leben?“. Warum „man“ und nicht „ich��

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