EINE FLUCHT OHNE ENDE?

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Irgendwann sind sie abgehauen. Noch fast als Kind, als Jugendliche, als Erwachsene. Weg von den Schlägen der Eltern, dem Alkoholdunst in der Wohnung, der Willkür ihres Umfelds. Raus in die Freiheit, in der sie es oft genauso schwer haben, weil die meisten an ihnen vorübergehen, ihrem Blick oder ihren Bitten ausweichen. MAX sprach mit sieben Obdachlosen über ihr Schicksal und ihre Versuche, in ein geregeltes Leben zu kommen, bei denen sie die Hamburger Einrichtung Hinz & Kunzt unterstützt.

FOTOS DMITRIJ LELTSCHUK

KLAUS

SERGEJ

ENDLICH MAL GLÜCK GEHABT

Ich heiße KLAUS, bin 50 Jahre alt und komme ursprünglich aus Reilingen in Baden-Württemberg. Meine beiden Hunde, die mich immer und überall hin begleiten, sind Zecke und Lady. Gelernt habe ich vor über 30 Jahren Dreher und Fräser, ein Beruf, der mir damals sehr gut gefiel. Mit meinen Eltern hat es damals nicht so richtig gut geklappt, seit Mitte der Neunzigerjahre bin ich unterwegs und lebe auf der Straße. Zu meinen Eltern würde ich nie im Leben zurückgehen, aber wir telefonieren schon oft, so aus der Ferne kommen wir ganz gut miteinander aus.

Ich war schon viel im Ausland unterwegs, zum Beispiel in Frankreich oder Griechenland, aber da wurde es mir und den Hunden im Sommer echt zu heiß. Seit über 20 Jahren habe ich keine eigene Wohnung, an diesen Umstand muss man sich gewöhnen, wenn man auf der Straße ist. Du bist im Grunde nie so richtig allein, kannst sozusagen nie privat sein, und du musst immer auf deine paar Sachen aufpassen. Auf der Straße wird eben viel geklaut.

Lange Zeit habe ich in einem Zelt übernachtet in Hamburg, wenn es ging an abgelegenen Plätzen. Aber richtig Ruhe hast du nie, oft hat man Angst, überfallen zu werden, da helfen einem dann die Hunde. Früher habe ich viel Alkohol getrunken, aber seit drei Jahren trinke ich nicht mehr. Dank Hinz & Kunzt habe ich jetzt eine Wohnung mit zwei Zimmern. Ich hatte endlich mal Glück im Leben, der Vermieter ist total nett, meine beiden Hunde sind auch kein Problem für ihn. Hinz & Kunzt verkaufe ich in Hamburg-Horn bei Aldi. Da fühle ich mich auch sehr wohl, das ist fast familiär.

PRAKTISCH BEIM FREUND GEWOHNT

Aufgewachsen bin ich in der Nähe von St. Petersburg im heutigen Russland. Mein Name ist SERGEIJ, und ich bin 48. Eigentlich war ich ab 14 Jahren auf mich allein gestellt – mein Stiefvater war schwerer Alkoholiker und hat die Familie gequält, mich wollte er immer verprügeln. Zum Glück hatte ich einen Freund, der wohnte gegenüber von uns, dorthin konnte ich flüchten, da lebte ich mehr als in unserer Wohnung.

Ich hatte immer verschiedene Jobs, der schönste und der härteste war das Fischen nach Bernstein. Mein Stiefvater war Litauer, und wir sind dann nach Litauen gezogen. In der Schule habe ich Deutsch gelernt, und das hat mir schon geholfen, als

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