FREIHEIT IN LIEBE

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wortreich

Der Kabarettist Lars Reichow zu Themen der Zeit

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Als ich zum ersten Mal in die Schweiz kam, war ich beeindruckt von der Sauberkeit, der Perfektion und der Schönheit des Landes bis ins Detail. Meine Bewunderung galt der Duschgleitstange von KWC – das ist die mit dem „Zwicker“.

Die Schweiz war für mich der Inbegriff von freier Natur, technischer Präzision und unendlicher Geduld. Die anspruchsvolle Berg- und Seenlandschaft, der mutig vom Kopf geschossene Tell-Apfel sind zum Synonym für unabhängiges, freies Denken und Handeln (mit der EU) geworden.

Später musste ich erkennen, dass kaum ein Land seine Bürger mehr drangsaliert mit Hinweisen, Bevormundungen und Maßregelungen. Vielleicht gibt es ja einen Zusammenhang zwischen Freiheit und Regeln Freiheit. Kaum ein Begriff, der so überfrachtet wurde mit Klischees. Wie viele Fernsehspots und Werbeplakate waren voll von Menschen, die gerade einen Gipfel erklimmen, dem Pferd die Sporen geben, mit einem Kanu durch den reißenden Fluss paddeln, mitten in der Wildnis ein Feuer machen und zufällig überall ein Paket Zigaretten so liegen lassen, dass man die Aufschrift erkennen kann. Wie oft wurde uns gezeigt, dass ein erfolgreicher, attraktiver Mensch am besten immer eine Flasche Bier oder Asbach neben sich stehen hat.

Das kann ja nur die Freiheit sein, wenn man sich an der Spitze eines Segelschiffs den Wind ins Gesicht pusten lässt. Paare, die sich unter Palmen wälzen, Männer am Nordpol, auf Bohrinseln, auf Elefantenrücken, Frauen mit Shampoo oder Schokoriegeln. Und natürlich die immer wiederkehrende Mär von der Freiheit auf Asphalt: Der Tscheche, der mit 417 Sachen im Bugatti über die A 2 gedonnert ist! Und wer der Freiheit persönlich begegnen will, der schwebt an Bord einer CO 2-Schleuder „über den Wolken“ – der einzige Ort in der Pandemie, wo sich die ganze Welt eng aneinanderkuscheln durfte.

Unter den Wolken kann es tatsächlich etwas stickiger werden. Ein Diktator, der gerade erst in sichere Gefängnisanlagen und Foltereinrichtungen investiert hat, wird der Freiheit nicht allzu große Zukunftschancen einräumen. Was erzählen wir denen, die Jahrzehnte unschuldig im Gefängnis verbracht haben?

Schaffen wir die Digitalisierung, ohne die Freiheit im Netz irgendwann einzustampfen? Ja, diese Freiheit könnte sich ja auch mal ein bisschen genauer ausdrücken. Wie viel braucht ein Mensch davon?

Genügt es nicht, wenn die Gedanken frei sind, oder muss man auch zu jeder Tages- und Nachtzeit laut Musik hören dürfen?

Als ich ein Baby war, saß ich auf dem Gipfel meiner Mutter, ihrem Schoß und hatte einen ziemlichen Fernblick. Ich führte ein genügsames Leben, entweder hatte ich Hunger oder Durst. Abends wollte ich vor allem aufbleiben. Wachsein war für mich der Inbegriff von Freiheit.

Als ich zehn Jahre alt war, ging ich auf den

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