Blick in Mama s Bauch

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Blick in Mamas Bauch

Babys allererstes Kinderzimmer ist rosarot, angenehm temperiert, IMMER IN BEWEGUNG und mit Vollpension: eine Superschule mit optimalen Lernbedingungen für die ersten neun Monate

ILLUSTRATIONEN/FOTOS : GETTY IMAGES

Von der Zeugung bis zur Geburt entwickeln sich Babys in atemberaubendem Tempo. Nie wieder wachsen Kinder so schnell, nie wieder lernen sie so ungeheuer viel. Eben noch sind sie ein kaum stecknadelkopfgroßes Zellgewirr, neun Monate später kommen sie als erstaunlich fertiges Menschlein auf die Welt, das nicht nur unglaublich niedlich ist, sondern auch jede Menge Fertigkeiten mitbringt. Alles sorgfältig einstudiert in Babys allererstem Kinderzimmer. „Während der neun Monate in Mamas Bauch machen Ungeborene viele Erfahrungen“, sagt Prof. Dr. Gerald

Hüther.Über dieses erste Erleben haben Experten wie der Göttinger

Hirnforscher inzwischen einiges herausgefunden: „Eine große Rolle spielen die Sinnesorgane. Sie sind die Fühler, mit denen der Zwerg im Bauch die äußere Welt kennenlernt.“ Das bestätigt auch die Psychotherapeutin Ingeborg Weser, die sich schon seit vielen Jahren mit pränataler Psychologie beschäftigt: „Das Ungeborene ist ein überaus lebendiges Wesen, das von

Anfang an mit seiner Umgebung im Austausch steht. Nur so kann es sich entwickeln.“

Ein Beispiel: Babys hören Melodien oder Geschichten besonders gern, wenn sie ihnen schon aus der Zeit im Mutterleib bekannt sind. Vor allem im letzten Drittel der Schwangerschaft sind sie dabei auch erstaunlich differenzierungsfähig. „In einem Experiment wurde den Winzlingen in der 34. und 37. Schwangerschaftswoche zweimal täglich eine bestimmte Geschichte vorgespielt“, erzählt Ingeborg Weser. „In der 37. Woche hatten sich die Föten offenbar an die Geschichte gewöhnt. Sie reagierten darauf mit verlangsamtem Pulsschlag. Spielte man ihnen dagegen eine andere, unbekannte Geschichte vor, beschleunigte sich der Puls wieder. Sie hatten den Unterschied bemerkt.“

Neben dem Hören und Fühlen spielt auch die Motorik beim Lernen eine große Rolle. „Sie ermöglicht es dem Ungeborenen, auf Sinneseindrücke zu reagieren“, erklärt Ingeborg Weser. „Es zuckt bei einem lauten Geräusch zusammen oder macht bei ruhigen, schaukelnden Gehbewegungen seiner Mutter ein Nickerchen. Es kann sich aber auch aktiv und selbstständig auf die Suche nach Sinneseindrücken machen, indem es an der Nabelschnur saugt, mit ihr spielt oder seinen Kopf auf die Plazenta wie auf ein Schmusekissen kuschelt.“