… wenn der Vater ins Pflegeheim abgeschoben wird?

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Anonymes Geständnis

Wie fühlt es sich an ...

Seit seinem Schlaganfall lebt Meikes* (43) Vater im Heim. Ihrer Mutter fehlt die Kraft, ihn zu Hause zu pflegen. Meike erzählt, wie es ihr mit der Entscheidung geht

Als meine Mutter mir am Telefon erzählte, dass sie für eine Woche wegfahren will, konnte ich es nicht glauben. „Und was wird aus Vater?“ fragte ich empört. Sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und meinte, dass es doch nur ein paar Tage seien. Außerdem hätte Tante Ulrike versprochen, Papa jeden Tag zu besuchen. Damit war das Thema für sie erledigt.

Für mich aber nicht. Vor einem Jahr hat sie meinen Vater ins Pflegeheim gebracht. Seitdem ist unser Verhältnis angespannt. Denn ich finde, sie hat ihn einfach leichtfertig abgeschoben ...

Ein halbes Jahr pflegte sie Vater nach seinem Schlaganfall zu Hause. Doch kurz vor seinem 70. Geburtstag hat sie meiner Schwester Michaela und mir eröffnet, dass es so nicht mehr weitergehe und sie sich der Belastung nicht länger gewachsen fühle.

Sicher, bei der Pflege meines Vaters konnten wir Mutti kaum unterstützen. Wir sind beide schon vor Jahren von zu Hause weggezogen, wohnen rund zweihundert Kilometer entfernt. Und wir haben beide selbst Familie. Michaela arbeitet außerdem noch als Rechtsanwaltsgehilfin und ich in einer Bank. Da können wir nicht jedes Wochenende zu Hause vorbeischauen und Mutter einen Teil der Arbeit abnehmen. Mutter versuchte, uns ihre Entscheidung zu erklären. Sie hat viel zu hohen Blutdruck, muss starke Medikamente nehmen. Der Arzt hatte ihr damals eindringlich geraten, sich mehr Ruhe zu gönnen.

Wir wollten ja Verständnis für ihre Situation haben. Einfach war es mit Vater sicher nicht. Aber dass Mutter die Situation so belastete, damit hatten wir nicht gerechnet. Mein Vater war nicht bettlägerig. Er konnte nach seinem Schlaganfall sogar wieder einige Worte sprechen. Und ein paar Schritte im Haus laufen. Aber er hatte öfter krampfartige Anfälle. Deshalb konnte Mutter ihn nie allein lassen. Ihn so hilflos und ausgeliefert zu sehen, zehrte an ihren Nerven.

Leicht ist ihr die Entscheidung, ihn ins Heim zu geben, sicher nicht gefallen. Schließlich ist sie mit ihren 67 Jahren auch nicht mehr die Jüngste und hat selbst ihre Probleme. Aber dann denke ich wieder an unseren Vater, wie er seine letzten Tage einsam und allein in einem kleinen, kahlen Zimmer verbringen muss.

Mutter hätte vorher mit uns darüber sprechen können. Vielleicht hätten wir gemeinsam eine andere Lösung gefunden. Es gibt doch auch Pflegedienste, die nach Hause kommen. Deshalb waren Michaela und ich wie vor den Kopf gestoßen, als Mutter uns ihre Entscheidung mitteilte.

Wir hingen beide