Löwen der Lüfte

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NATUR

Wer Möwen füttert, muss bis zu 5000 € Strafe zahlen

Schlau, schnell und immer hungrig: Warum Möwen an den Küsten derzeit zur Plage werden, zugleich aber bedroht sind

Patrouillenflug Ein Schwarm Lachmöwen sucht den Strand nach Verwertbarem ab
Auf den Punkt An Deutschlands Küsten hat die Silbermöwe das Sagen
Aufmerksam Eine junge Silbermöwe wartet darauf, dass der Strandbetrieb beginnt

Den lautlosen Sturzflug aus dem Hinterhalt beherrscht sie aus dem Effeff. Wer kurz nicht aufpasst, das Fischbrötchen oder die Eiswaffel ein paar Zentimeter zu weit neben den Mund hält, übereignet den leckeren Snack gewissermaßen schon an die nächstfliegende Möwe. Protest zwecklos, der Rechtsweg ausgeschlossen. Zurück bleibt ein verdatterter Strandurlauber oder ein weinendes Kind, nicht selten mit Remoulade oder Eiscreme bekleckert. Eine Szene, die sich gerade wieder täglich hundertfach an den Strandpromenaden von Nord- und Ostsee abspielt.

Eine Versicherung für Fischbrötchen

Am erfolgreichsten sind die Silbermöwen. Wer von ihnen attackiert wird, verhandelt nicht lange: Die Vögel erreichen bis zu 67 Zentimeter Länge und 1,50 Meter Flügelspannweite, ihre spitzen Schnäbel können fiese Verletzungen verursachen. Im Ostseebad Warnemünde hat eine Strandbar jüngst eine „Möwen-Police“ eingeführt, die als „Fischbrötchen-Versicherung“ bundesweit Schlagzeilen macht: „Jedes Gericht, das durch eine Möwe geklaut wurde, wird von uns kostenlos ersetzt“, verspricht der Wirt. Die meisten Gastronomen versuchen, den Möwen mit Sonnenschirmen die Sicht zu nehmen, eine Patentlösung hat niemand.

„Uns haben Experten gesagt, dass sie dieses Klauverhalten vor 15 oder 20 Jahren so noch nicht kannten“, berichtet Julian Prahl, Autor einer Reportage, die den Konflikt zwischen Möwe und Mensch aufarbeitet (siehe TV-Tipp S. 24). Erst sei Helgoland betroffen gewesen, dann Sylt, inzwischen sind es auch die Ostseebäder: „An manchen Orten spitzt sich das zu.“ Die Küstenbewohner sähen das gelassen: „Die Möwen waren immer schon da“, hörte Prahl immer wieder. Über die Entwicklung von Möwenattacken auf Touristenmenüs liegen Felix Schöntaube, Vorsitzender und Möwenexperte des Nabu Dornum (Ostfriesland), keine Zahlen vor: „Was definitiv zugenommen hat, ist der Hunger unter den Möwen.“ Das natürliche Nahrungsangebot habe sich katastrophal verkleinert: „Die Ostsee ist in großen Teilen biologisch tot und eine riesige Müllhalde“, sagt er. „Die Tiere gehen einfach dorthin, wo sie noch Überlebenschancen sehen, wo sich vielleicht sogar die Möglichkeit zur Fortpflanzung bietet.“ Obendrein zerstöre die Bebauung der Küsten die natürlichen Gebiete, in denen Möwen Nahrung suchen. Weil sie zum Eierlegen ausweichen müssen, brüten sie immer öfter auf Flachdächern. Möwe und Mensch kommen sich räumlich immer näher, die Konflikte

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