Wo Tirols Wiege steht

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Zeitreise nach Italien: Schloss Tirol, die Stammburg der Grafen von Tirol, war einstmals namensgebend für das gesamte Land

SEITENBLICK Figuren schmücken das Portal der Burgkapelle. Rechts: ein flügelloser Drache

Vor den Toren erklingt lautes Waffenklirren. Wir schreiben das Jahr 1347: Karl von Luxemburg, der spätere Kaiser Karl IV., belagert mit seinem Heer das Schloss Tirol. Erfolglos. Aus Rache lässt er die nahe Stadt Meran niederbrennen. Wer heute sieht, wie uneinnehmbar die Anlage in der Höhe der italienischen Berge thront, versteht Karls Ratlosigkeit und Rage. Fast senk recht fallen an einer Seite die Felswände ab, der rekonstruierte Bergfried ragt in den Himmel. Neuzeitliche Besucher haben weniger Probleme als die damaligen Angreifer: geöffnet täglich außer Montag von 10 bis 17 Uhr, Eintritt 10 Euro. Seit 2003 beherbergen die historischen Mauern nämlich das Südtiroler Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte.

Zeitreise ins Mittelalter

Ein Schloss? Wer Prunk wie in Neuschwanstein erwartet, könnte enttäuscht sein: trutzige Mauern statt filigraner Türmchen, Rittersaal statt geschmückter Sängerhalle – alles erinnert an eine mittelalterliche Festung. Und doch stand hier die Wiege des Landes. „Schloss Tirol war Stamm-und Regierungssitz der Grafen von Tirol“, erklärt Dorothea von Miller, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Museums. „Sie übernahmen ab 1141 den Namen ihres Geschlechts vom Hauptwohnsitz. Mit der Ausdehnung ihres Herrschaftsbereichs erweiterte sich auch das als Tirol bezeichnete Gebiet.“ Die Zeitreise, zu der Besucher starten können, führt sogar noch weiter in die Vergangenheit. Grabungen auf dem Felsvorsprung legten eine frühchristliche Saalkirche frei, die auf Gebäuden aus der Römerzeit errichtet wurde. Eine Grabplatte etwa betrauert die „Lobecena albada“, wohl ein im Kindesalter verstorbenes Mädchen, bestattet im weißen Taufkleid.

Neun Jahrhunderte lang veränderte Schloss Tirol immer wieder sein Gesicht. Teams der Universität Innsbruck erforschten seine Architekturgeschichte und dokumentierten insgesamt 30 verschiedene Bauphasen. „Die ältesten Teile stammen aus der Zeit um 1100“, verrät von Miller. „Dazu gehören Mauern von Kapelle und Südpalas sowie die westliche Ringmauer von der Kapelle bis zum Bergfried.“

WEITBLICK Schloss Tirol thront wehrhaft auf einem Felsvorsprung
EINBLICK Der Innenhof mit Bergfried (Mitte) und Wehrgang (rechts) ist eine grüne Oase
RÜCKBLICK Das Museum zeigt die vielfältige Kultur- und Landesgeschichte Tirols, hier im Kaisersaal

Im 13. Jahrhundert wurde aufgestockt und erweitert – bis die Burg an Bedeutung verlor, da die Machthaber den Regierungssitz um 1420 nach Innsbruck verlagerten. Die Anlage verfiel, wurde geplündert, öffentlich versteigert, zum Steinbruch degrad

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