Der Mann, der TV-Geschichte schrieb

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PORTRÄT

Am 10. April wäre Wolfgang Menge 100 Jahre alt geworden. Seine Fernsehklassiker sind unvergessen

1970 „DAS MILLIONEN-SPIEL“ In der fiktiven Realityshow tritt Dieter Thomas Heck (vorn) als Moderator auf
1974– 1982 „3 NACH 9“ In der Talkshow aus Bremen überrumpelt Menge seine Gäste gern mit unerwarteten Fragen
1973– 1976 „EIN HERZ UND EINE SEELE“ Für die Serie erfindet Menge den reaktionären Spießer Alfred Tetzlaff (Heinz Schubert, l.) – „Ekel Alfred“

Grantig, kantig, klug: Erfolgsautor Wolfgang Menge war mit Herz und Seele ein Visionär des Fernsehens. Er schuf die erste deutsche Krimiserie „Stahlnetz“, provozierte mit Spießerfiguren wie „Ekel Alfred“, schockierte die TV-Nation mit der fiktiven Realityshow „Das Millionenspiel“. Bequem wollte er nie sein. Am 10. April wäre er 100 Jahre alt geworden.

So unvergessen seine TV-Klassiker sind, so wenig wissen die meisten Menschen über sein Leben. „Es gibt von meinem Vater unbekannte Seiten“, verrät sein Sohn Jakob Menge. „Manche habe ich erst nach seinem Tod erkundet.“ Auch über seine jüdischen Wurzeln hat der Drehbuchautor selten in der Öffentlichkeit gesprochen.

Ein langer Weg zum Ruhm

Wolfgang Menge wird 1924 als Sohn einer jüdischen Mutter in Berlin geboren und wächst in Hamburg auf. Er überlebt zwar den Holocaust, weil sein Vater „Arier“ ist, wie es damals im Jargon der Nazis heißt, wird aber im Alter von 19 Jahren zur Wehrmacht eingezogen und muss an die Ostfront. „Über die wollte er mit uns nie reden“, erinnert sich Jakob Menge. „Anfang 1945 desertiert er mit zwei Kameraden. Sie schießen dabei eine SS-Streife nieder, die sie festnehmen will.“ Bis Kriegsende taucht Menge unter, lässt dann Entlassungspapiere der Wehr-macht fälschen, lebt vom Schwarzhandel, kommt dafür ins Gefängnis. „Im Nachlass gibt es auch sein Gnadengesuch, dem wohl 1947 stattgegeben wird“, erzählt sein Sohn.

Der Krieg ist vorbei, Wolfgang Menge startet durch – als Journalist, zuerst bei der Nachrichtenagentur „German News Service“. Jakob Menge: „1949 fängt er dann als Lokalreporter beim ,Hamburger Abendblatt‘ an.“ Er schreibt über die Bewohner eines Hauses im Hamburger Rübenkamp oder zaghafte Versuche junger Menschen, über Anzeigen Bekanntschaften zu schließen. Von 1955 bis 1957 arbeitet Menge in Tokio und Hongkong – als erster deutscher Ostasien-Korrespondent nach dem Krieg.

Und die Fernsehkarriere? Die beginnt im Spätsommer 1957, als er in der NDR-Kantine zufällig den jungen Regisseur Jürgen Roland trifft. Menge schreibt erste Szenen für dessen Sendung „Der Polizeibericht meldet …“ über wahre Kriminalfälle. Die Mischung aus Fakten und Spielszenen kommt an. Gemeinsam entwickeln die beiden daraus die Krimiserie „Stahlnetz“, einen erfolgreichen Vorläufer des „Tatort“.

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