”Ich lerne jeden Tag dazu“

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INTERVIEW

Interview zum 70. Geburtstag: TV-Liebling Jutta Speidel über ihre erste Demo, den „Fleisch“-Skandal und ihr Hilfsprojekt

Macherin Mit Temperament und Ideen im Einsatz für obdachlose Kinder: Jutta Speidel

Jutta Speidel wird 70

1977 TV-Hit: „Drei sind einer zuviel“ mit Thomas Fritsch (r.) und dem Schweizer Herbert Herrmann, mit dem Speidel von 1977 bis 1982 liiert war

Sie wäre eine Mischung aus Pippi Langstrumpf und Roter Zora, sagte Jutta Speidel einmal über sich. Klar, dass in dem Münchner Freigeist eine Künstlerin steckte. Und was für eine: Als Schauspielerin schaffte sie im Thriller „Fleisch“ den internationalen Durchbruch. Seither fesselt sie mit TV-Filmen und -Serien ein Millionenpublikum. Kürzlich schrieb sie sogar ihren ersten Roman: „Amaryllis“ (Langen-Müller, 264 Seiten, 22 Euro). Vor der Kamera spielt sie oft die Macherin mit Herz, privat ist sie das sowieso: Ihr Verein „Horizont“ hilft obdachlosen Müttern und Kindern (horizontmuenchen.org). Am 26. März wird Jutta Speidel 70 Jahre – und blickt im Interview auf ihr Leben.

HÖRZU: Frau Speidel, Sie wuchsen in einem palastartigen Haus auf, Ihr Vater war Anwalt, Ihre Mutter Theaterleiterin. Wie hat Ihre Familie Sie geprägt?

JUTTA SPEIDEL: Sehr! Ich hatte ein offenes, liberales, kosmopolitisches Elternhaus.

Wie kamen Sie dann mit 15 zum Film?

Ich hatte mich als Statistin für „Pepe, der Paukerschreck“ mit Hansi Kraus beworben. Ich habe mich dann immer so umgesetzt, dass ich hinter ihm saß. Ich dachte mir, dann wäre ich oft im Bild und nah bei Hansi Kraus, den ich toll fand. Nach meinem zweiten Film bot mir Constantin Film einen Vertrag. Die suchten junge Talente.

Parallel sind Sie zweimal von staatlichen Schulen geflogen. Wo hakte es?

Das Lernkorsett war nichts für mich. Ich war zu kreativ, brauchte Freiheit. Ich grüble generell nicht lange, sondern finde schnell Lösungen. Ich bin eine Problemlöserin. Als die Direktorin zu meiner Mutter sagte „Aus Ihrer Tochter wird nie was“, hatte ich als Jugendliche schon einen Komplex. Das steckt man als Kind nicht so weg. Aber ich war auch selbstbewusst, zahlte mit Filmgagen eine Privatschule. Beim Mathe-Abi gab ich ein leeres Blatt ab, sagte „Viel Spaß noch!“ und fuhr zum Dreh von „Grün ist die Heide“. Mathe habe ich nie kapiert.

Das war 1972. Wie haben Sie denn die Hippie-Hochburg München erlebt?

Ich habe die späte Hippie-Phase sehr genossen. Wir waren vogelfrei. Ich war bei den Nackerten im Englischen Garten, der ersten Lichterkette, Lesungen und „Mütter gegen Atomkraft“. Auf meiner ersten Demo wurde ich von einem Wasserwerfer erwischt, schlug mit dem Kopf an eine Mauer. Da sagte ich mir: Das brauche ich nicht.

Ihre Karriere ging bergauf mit „Drei sind einer zuviel“ und „Fleisch“, der in über 120 Ländern im Ki