MariaMagdalenaEine Frau geht ihren Weg

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Wohl keine andere Frau in der Bibel verkörpert das Prinzip der göttlichen Weiblichkeit so stark wie sie: Maria Magdalena. Die Jüngerin Jesu ist ein Freigeist, beeindruckt durch ihren Mut, ihre Empathie und vor allem durch ihre bedingungslose Liebe zu dem Mann, der ihr spiritueller Lehrer und Gefährte war

TEXT CHRISTIANE SCHÖNEMANN FOTO ELENA RAY / ALAMY

Zweifellos ist Maria Magdalena eine der bekanntesten, aber auch umstrittensten Frauen des Christentums. Vielfach wurde sie als Sünderin oder Hure verunglimpft. Erst 1969 hob die katholische Kirche offiziell die Bezeichnung Prostituierte für sie auf – und gestand damit indirekt einen furchtbaren Fehler ein. Wahrscheinlich war Maria einfach zu stark, zu unabhängig, zu furchtlos. Vor allem aber galt sie als die engste Vertraute von Jesus, als die Apostelin unter Aposteln. Als sie Jesus das erste Mal begegnete, war sie erfüllt von großer spiritueller Sehnsucht. Jesus berührte ihr Inneres. Und sie folgte ihm. Aber warum hat die Kirche ihre wahre Identität so lange verschleiert? Zwei von mehreren Gründen sind, dass die Bibel das gesellschaftliche Verständnis der damaligen Zeit widerspiegelt, in der Frauen kaum Rechte hatten. Außerdem durfte Jesus als Gottes Sohn dem Kirchendogma folgend keine Frau an seiner Seite haben. Maria schien in der von Männern dominierten Kirche als Apostelin der Apostel einfach undenkbar. Doch es gab auch damals schon Menschen, die Maria mit anderen Augen sahen.

„Dies also ist jene Maria Magdalena, der der Herr so große Wohltaten erwies und so viele Beweise seiner Zuneigung zeigte. Denn er trieb sieben Dämonen von ihr aus, in seiner Liebe entflammte er sie vollständig, er bestimmte sie zu seiner innigsten Vertrauten, machte sie zu seiner Gastgeberin und wollte, dass sie ihn auf seinem Weg versorge, und verteidigte sie immer gütig.“ Diese Worte finden sich in der Legenda Aurea, dem am weitesten verbreiteten religiösen Volksbuch des 13. Jahrhunderts. Verfasst von dem Dominikaner-Bischof Jacopo da Varagine († 1298). „Als Jesu Maria weinen sah, konnte auch er seine Tränen nicht zurückhalten“, können wir in dem alten Text lesen. Auffällig ist die lyrische Sprache, in der Jacopo das innige Verhältnis von Maria und Jesus schildert. Zahlreiche Legenden ranken sich um das Leben Maria Magdalenas, selbst die von Männern verfassten Evangelien räumen ein, dass diese Jüngerin Jesu mutiger war als die anderen Weggefährten des Herrn. Denn sie war es, die ihn als Einzige auf dem Kreuzweg begleitete und bis zu seinem Tod bei ihm blieb, o