„ Mein Weg zu mir selbst“

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Sie ist eine Überfliegerin: hat Jura und Psychologie studiert, ihren Traumjob gefunden – und doch fühlt Tamar Valkenier (37), dass in ihrem Leben irgendetwas fehlt. Nur was? Schließlich lässt sie alles hinter sich – beginnt zu reisen. Und entdeckt dabei: ihr wahres Ich

INTERVIEW SYLVIA NAUSE-MEIER FOTO TAMAR VALKENIER SHUTTERSTOCK GETTY IMAGES

TAMAR VALKENIER

Neuseeland

Ein Traum, ein Erlebnis, ein Buch: Womit nahm Ihr Weg als Abenteurerin seinen Anfang? Mit einem Ruf. Die Welt rief mich immer lauter: „Tamar, kommst du raus, spielen?“

Warum haben Sie das nicht einfach überhört?

Ich war 27, lag mit einem gebrochenen Bein auf der Couch meines Vaters und kam ins Grübeln: Was habe ich in meinem Leben bislang erreicht? Mit 15 hatte ich eine Lehre als Köchin begonnen, anschließend in verschiedenen Toprestaurants gearbeitet. Wie Frank, mein Freund. Mit 19 kauften wir uns ein Haus, wohnten sechs Jahre zusammen. Dann gingen wir getrennte Wege. Ich studierte, büffelte jahrelang – neben dem Kochen – Jura und Psychologie. Schloss beides mit einem Master ab.

Wow, das ist ja eine beeindruckende Leistung!

Ich bekam den Job, von dem ich immer geträumt hatte: Kriminalpsychologin bei der Bundespolizei. Ich hatte alles, was ich mir wünschen konnte …

… und wo war der Haken?

Ja, mein Leben erschien mir perfekt. Es bestand bislang daraus, dem Erreichen meiner Ziele hinterherzujagen. Doch: Waren das überhaupt meine Ziele? Wollte ich so weitermachen? Was könnte ich verbessern? Verändern? War das wirklich der richtige Weg? Mein Weg? Tagein, tagaus arbeiten, ein Häuschen kaufen und ab und zu in den Urlaub fahren? Eine Frage tauchte immer wieder auf: Wie kann ich aus meinem Leben alles herausholen, ohne dass es alles aus mir herausholt? Ich wollte nicht mehr so sein, wie es von mir erwartet wurde. Wollte meinen Alltag neu kalibrieren. Die Welt rief mich! Ich würde eine lange Reise machen. Mich aus allem rausziehen – ohne Netz und doppelten Boden. Ohne Besitz. Ohne Plan. Gucken, was das mit mir macht. Ich musste das ausprobieren, selbst wenn ich enttäuscht zurückkommen würde. Also kündigte ich. Mein Chef und mein Vater fragten mich: „Wovor läufst du weg?“

Was antworteten Sie?

Vielleicht laufe ich ja auf etwas zu – auf Abenteuer, Inspiration, Freiheit. Ich suchte einen frischen Blick auf die Möglichkeiten, die uns das Leben bietet.

Wohin wollten Sie reisen?

Ich erinnerte mich an ein Sprichwort von Khalil Gibran: „Schildkröten können mehr von der Straße erzählen als Hasen.“ Ich wollte Zeit haben, viel Zeit. Beweglich sein, unabhängig. Ich beschloss, durch Europa zu radeln. Und viellei