„Woran wir wachsen“

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Was lässt uns reifen? Was trägt uns durchs Leben, durch unsichere Zeiten? Was stärkt und beflügelt uns? Diese Fragen erforscht die Persönlichkeits-Psychologin Prof. Dr. Eva Asselmann (33) – hier gibt sie die Antworten

INTERVIEW SYLVIA NAUSE-MEIER FOTO JENS GYARMATY

PROF. DR. EVA ASSELMANN

Welcher Satz beschreibt Ihre Forschung am besten, Frau Professor Asselmann?

Du bist, was du erlebst – und du erlebst, was du bist.

Sie untersuchen unsere Erfahrungen …

… was uns widerfährt, prägt uns. Gleichzeitig liegt es an unserer Persönlichkeit, ob wir gewisse Erfahrungen überhaupt machen und wie wir damit umgehen. Denn wir beeinflussen unsere Umwelt – durch unser Denken, Fühlen und Verhalten. Die Art, wie wir gewohnheitsmäßig durchs Leben gehen, macht unsere Persönlichkeit aus.

Welche Erfahrung verleiht uns die größten Flügel?

Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass es vor allem berufliche Erfahrungen sind, die uns prägen. Etwa der Berufseinstieg.

Oh, warum das denn?

Vor allem der erste Job bringt neue Anforderungen mit sich: morgens pünktlich sein, Aufgaben erledigen, Vereinbarungen einhalten. In der Arbeitswelt versuchen wir oft, diesen Anforderungen gerecht zu werden, und passen unser Verhalten an. Das könnte erklären, warum wir nach dem Berufseinstieg reifen und zum Beispiel gewissenhafter werden.

Was genau verstehen Sie unter „reifen“?

In der Persönlichkeitspsychologie reden wir davon, wenn die Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionale Stabilität zunehmen.

Mit Gewissenhaftigkeit verbinde ich Fleiß, Sorgfalt, Zielstrebigkeit, Verantwortungsbewusstsein. Verträglich – das heißt, ich bin mitfühlend, wohlwollend, freundlich …

… richtig …

… aber was bedeutet „emotionale Stabilität“?

Ob wir entspannt und gelassen sind. In uns ruhen. Mit den Unwägbarkeiten des Lebens gut umgehen können. Ob wir die Nerven behalten, wenn es hart auf hart kommt; ein Persönlichkeitsmerkmal, das vor allem wichtig für unsere psychische Gesundheit ist.

Wodurch wird die emotionale Stabilität gestärkt?

Studien zeigen, dass wir im Schnitt emotional stabiler werden, wenn wir zum allerersten Mal eine Beziehung eingehen. Da erleben wir häufig zum ersten Mal, dass wir eine intime und tragfähige romantische Bindung eingehen können, die uns Halt, Sicherheit und Selbstvertrauen schenkt, was diesen Befund erklären könnte. Das Gute daran: Dieser Effekt scheint anzuhalten, selbst wenn die erste Liebe wieder zerbricht. Auch ein warmherziges Elternhaus und eine sichere Bindung zu den engsten Bezugspersonen in der Kindheit nährt unsere emotionale Stabilität.

Wie erklären Sie Liebe?

In der Psychologie gibt es die Dr