Eine Begegnung mit der Ewigkeit

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Von weitem Himmel und wundervoller Landschaft: Marco Scheel (33) ist auf Rügen geboren und aufgewachsen. Er liebt das Vielfältige, Ursprüngliche seiner Insel – fernab vom Trubel der Seebäder. Vor allem aber hat er sein Herz an einzigartige Schafe verloren, eine jahrtausendealte Rasse, die nur hier lebt. Er erzählt, was es damit auf sich hat, und führt uns zu seinen Lieblingsplätzen

Halbinsel Mönchgut

Rügen

Kann man Ewigkeit spüren? Auf Rügen schon: in der unendlichen Weite des Himmels, in diesem besonderen Licht. Da sind Urwälder, Buchenhaine, aus einer vergangenen Zeit und slawische Tempel wie die Jaromarsburg. Kornfelder bis zum Horizont. Und die Ostsee mit ihrem jahrtausendealten Lied von Wind und Wellen. Ich bin hier geboren. Aufgewachsen. Je älter ich wurde, umso mehr verstand ich die Weisheit, die in all dem liegt. Den Sinn. Dafür brauchte es, nun ja, auch ein paar schwarze Schafe …

Bei Regen, Sturm und Sonnenschein

Ich war 14, als sie mir zum ersten Mal begegneten: in Renz, einem kleinen Dorf bei Garz. Sie hatten schwarze Köpfe, schwarze Beine, lustige, abstehende Ohren und trugen ganz viel dicke Wolle, die schwarz oder grau aussah. Tagein, tagaus standen sie draußen. Im strömenden Regen. Im peitschenden Sturm. Im Sonnenschein. Nichts schien sie je zu betrüben. Das faszinierte mich. Eike, ihr Schäfer, war der Vater einer Schulkameradin. Von ihm erfuhr ich, dass es sich um „Rauhwollige Pommersche Landschafe“ handelte, die auf die Slawen zurückgehen. Das Volk trieb hier im Norden einst regen Handel mit den skandinavischen Ländern. Nun besuchte ich „meine“ Schafe nahezu jeden Tag, half im Stall. Auf der Weide. Beim Lammen. Tauchte ein in diesen Kreislauf aus Entstehen und Vergehen. Aus Aktivsein und Innehalten. Ich erlebte die Jahreszeiten bewusster. Spürte das Friedvolle, das von diesen Tieren ausgeht. Und mochte sie immer mehr. Ihre Rasse ist beinahe 4000 Jahre alt – Geschöpfe aus dem Vorvorgestern. Der Weg ins Morgen schien ihnen versperrt. Ihre graue, kräftige Wolle? Ursprünglich für Segeltuch und Fischerjoppen verwendet, wurde sie jetzt weggeworfen. Feine, weiße Wolle war gefragt. Das Landschaf stand kurz vor dem Aussterben. Das musste ich verhindern …

Ich mag dieses Raue

Wenn ich nicht bei den Schafen war, besuchte ich gern meine Oma Ruth in Maltzien auf der Halbinsel Zudar, ganz im Süden von Rügen. Hinter einem Kiefernwald versteckt sich der „Palmer Ort“, ein schmaler, schöner Strand. Hier waren wir oft baden – ein Lieblingsort meiner Kindheit. Die Ostsee, sie ist für mich bis heute ein Spielplatz: Segeln, Windsurfen. Wenn die