Der Prophet des Herzens

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Wie keinem anderen gelang es dem libanesischen Dichter Khalil Gibran, die Seelen der Menschen mit seinen Worten zu berühren – mit Worten, die schlicht und ungekünstelt tiefe Wahrheiten verkünden. Und die stets eine Botschaft in sich tragen: „Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr – und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie“

TEXT DOROTHEE TEVES PAINTINGS FARAH OSSOULI

„Die Ewigkeit bewahrt nur die Liebe, weil sie von gleicher Natur ist.“ KHALIL GIBRAN

Khalil Gibran ist ein stilles Kind. Er wächst auf in einer Welt, die in ihren Grundfesten erschüttert wurde; einer Welt, in der die Erwachsenen noch immer über die Schrecken eines Krieges sprechen, der ihre Heimat in eine Ödnis voller Angst, Gewalt und Armut verwandelt hat. Sie erzählen furchteinflößende Dinge, albtraumhafte Geschichten, die dem Jungen die Kehle zuschnüren. Khalil, so wird seine Mutter Kamileh später berichten, spricht niemals viel – er zieht sich zurück, flüchtet oft hinaus in die Wälder, verbringt ganze Tage schweigend in dieser Stille. Und hier, inmitten der Natur, überwältigt von der Schönheit der Berge und der unendlichen Farbenpracht der Blumen, entdeckt dieser Junge, der seinen Blick ansonsten stets schüchtern gesenkt hält, der nur schwer Freundschaften schließt, eine ganz neue Welt. Eine, die erfüllt ist von Frieden, von Kostbarkeiten, von Aberhundert kleinen Wundern, die er plötzlich zu benennen vermag. Khalil beginnt zu zeichnen, alles möchte er festhalten: Die Natur als Lehrmeisterin, als göttliche Offenbarung, als unerschöpflicher Brunnen des Staunens – bis an sein Lebensende wird dieses Thema in seinen Werken wiederkehren. Denn dort, in den Wäldern des Libanon, wird der Boden bereitet für einen Gedanken: Unsere Welt kann sich nur dann verändern, wenn die Menschen wieder lernen, die Schönheit der Natur zu erfassen. Es ist jener Gedanke, mit dem dieser 1883 geborene Junge eines Tages die ganze Welt bewegen wird.

Vertrauen ist eine Oase in unserem Herzen

„Es sieht schon so aus, als sei das menschliche Auge nur noch empfänglich für das Licht einer Kerze und habe keine Ahnung mehr davon, was Sonnenlicht ist. Geistige Blindheit ist etwas, das von der einen Generation auf die andere übertragen wird. Sie ist gegenwärtig so normal geworden, dass der durchschnittliche Mensch sie nicht länger als Krankheit erfährt, sondern als den Normalzustand“, schreibt Khalil Gibran später in seinem halb autobiografischen Buch „Gebrochene Flügel“. Als er zwölf Jahre alt ist, zieht er mit seinen beiden Schwestern, seinem Stiefbruder und seiner Mutter nach Amerika. Der Junge bringt bereits sein