Wo der Regenbogen den Horizont findet

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Der Däne Johannes Langkilde (45) lauscht als Kind den Geschichten über einen Vorfahren, der in die Südsee auswanderte. Fantasie? Wirklichkeit? Johannes reist nach Samoa – und entdeckt schließlich: sich selbst …

TEXT AUFGEZEICHNET VON SYLVIA NAUSE-MEIER FOTO DAVID KIRKLAND GERHARD WESTRICH/LAIF JOHANNES LANGKILDE GETTY IMAGES SHUTTERSTOCK ADOBE STOCK

Ich stehe an einem sehr, sehr weißen Strand. Die Wellen rollen sanft heran, umspielen meine Füße. Es ist warm. Sehr warm. Kleine Holzboote dümpeln im kristallklaren Wasser. Ein paar weiße Bojen mit Fischernetzen liegen einsam im Sand. Palmen verneigen sich. „Falese’ela“ heißt diese Bucht, die für mich Anfang und Ende zugleich ist. Anfang und Ende einer langen Reise zu mir selbst … Als Kind lauschte ich den Geschichten meines Vaters um den jungen Seemann Hans Alfred, der vor 150 Jahren meiner Heimat Dänemark den Rücken gekehrt und in der Südsee die Tochter eines Häuptlings geheiratet hatte. Das klang für mich immer wie die Abenteuer von Donald Duck oder den „Fünf Freunden“, die mich damals begeisterten. Kindheitserinnerungen eben, ein bisschen verstaubt inzwischen, aber schön. Viele Jahre später arbeitete ich als Korrespondent in den USA. Auf einer Veranstaltung traf ich zufällig einen Mann, der den gleichen Nachnamen trug wie ich: Langkilde. Daniel Langkilde – aus Amerikanisch-Samoa. Er sagte, er sei mein Cousin. Dann war das also keine erfundene Geschichte meines Vaters? Hatte ich wirklich „echte“ Verwandte in der Südsee? Nun bin ich hier, in Samoa, um meine Familie kennenzulernen, meine Wurzeln zu verstehen. Mich zu verstehen.

Im Rausch der Farben

Apia, so heißt die Hauptstadt, sie liegt auf der Insel Upolu, wo gezackte Dschungelberge mit ihrem Immergrün in den endlos blauen Himmel ragen. Wo Wasserfälle rauschen und sich weiße Strände in kleine Buchten schmiegen. Theresa begleitet mich. Sie ist die Urenkelin von Hans Alfred. Ich erfahre, dass die Familie auf ganz Samoa lebt und wir viele Dörfer, Häuser und Gräber besuchen müssen. Zuerst geht es nach Satapuala, wo Theresa zu Hause ist. Hühner und Schweine kreuzen ohne Vorwarnung unseren Weg, sie laufen hier frei herum. Die Häuser sind blau, gelb und grün gestrichen. Die Zäune auch. Blumen und Bäume recken ihre bunten Blüten der Sonne entgegen. Welch ein Rausch an Farben! Die Menschen lächeln uns freundlich zu. Winken. „Wir grüßen jeden Ausländer“, sagt Theresa. Ich winke zurück, es wird zum Dauerwinken. Mir fällt auf, dass viele einen Wickelrock tragen, den „Lava-Lava“. Von der schmalen Straße biegen wir ein in