Workbook Versöhnung mit dem inneren Kind

10 min lesen

Viele von uns wurden in ihrer Kindheit verletzt, vernachlässigt, zurückgewiesen. Nicht nur körperliche Misshandlungen, auch emotionale Verletzungen können tiefe Narben auf unserer Seele hinterlassen, unter denen wir als Erwachsene noch immer leiden. Indem wir Kontakt zu unserem inneren Kind aufnehmen, um uns mit ihm zu versöhnen, ebnen wir den Weg zur Heilung

TEXT CHRISTIANE SCHÖNEMANN ILLUSTRATION JESUSO ORTIZ

Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit“, lehrt uns der Weisheitslehrer Thich Nhat Hanh. Er legt uns ans Herz, uns mit allem, was in unserer Kindheit geschehen ist, auszusöhnen, um endlich bei uns selbst anzukommen und Frieden mit unserer Vergangenheit schließen zu können. Das ist mitunter nicht einfach, denn die Folgen seelischer Verletzungen in der Kindheit – Schmerz, Angst und Verlassenheitsgefühle oder Wut und Trauer – sind bis in die Zellebene hinein wirksam und blockieren unser inneres Wachstum. Hinzu kommt, dass meist schon unsere Eltern oder sogar frühere Generationen dieselben belastenden Gefühlsmuster in sich getragen und weitervererbt haben. Deshalb ist es wichtig, als Erwachsene zu dem verwundeten inneren Kind Kontakt aufzunehmen, damit Heilung auf einer tiefen Seelenebene stattfinden kann. Das innere Kind steht für die Prägungen aus unserer Kindheit. Es speichert unsere negativen Glaubenssätze und belastende Gefühle ab und beeinflusst unterbewusst unsere Entscheidungen, Emotionen und Ängste. Negative Erfahrungen aus unserer Kindheit haben also auch heute noch große Auswirkungen auf uns. Versöhnung mit dem inneren Kind bedeutet: uns einlassen, unbekümmert sein, ausprobieren, Gefühle zulassen, lernen wollen, fallen, wenn wir zu schnell unterwegs sind, uns wieder aufrappeln. Neugier, Lernbereitschaft, Experimentierfreude kennzeichnen die Versöhnung mit dem inneren Kind, aber auch Mut zum Irrtum. Das innere Kind akzeptieren heißt: Das Kind, das wir gestern waren, nicht mit den Erwachsenenaugen von heute zu beurteilen oder gar zu verurteilen. Thich Nhat Hanh zeigt mit einem buddhistischen Ansatz, wie wir durch die Praxis der Achtsamkeit das innere Kind heilen können: Alle negativen Selbstbilder und Emotionen lassen sich überwinden, indem wir sie wahrnehmen und durch Übungen, bewusstes Handeln und Meditation auflösen. Von unserer Geburt bis zu unserem sechsten Lebensjahr bildet sich unsere Gehirnstruktur aus. Unser Urvertrauen oder Urmisstrauen entwickelt sich in den ersten zwei Lebensjahren. Die meisten Prägungen sind passiert, bevor wir uns erinnern können. Deswegen sind die Erfahrungen, die wir in dieser Zeit