„Geronnene Zeit“

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Reportage

Für Marlene Kelnreiter ist Käsen eine Passion

Für die Arbeit auf einer Alm änderte die Wienerin ihr ganzes Leben. In einem inspirierenden Buch erzählt sie davon

Kuhles Duo Marlene Kelnreiter liebt die Nähe zu Natur und Tier
Fotos: Löwenzahn Verlag / Lia Eliás (6)

Auf Almwiesen laufe sie am liebsten mit einem Laib Käse im Arm, sagt Marlene Kelnreiter. „Geronnene Zeit“, nennt die 40-Jährige ihre selbst gemachten Prachtstücke. „Darin stecken ganz viele Sommertage.“ Jeden Almsommer saugt sie mit Haut und Haaren auf. Auch dieses Jahr. In sechs Wochen wird sie wieder mit Ziegen und Kälbern kuscheln, in Milchkesseln rühren, barfuß über Bergweiden laufen. Und im folgenden Herbst und Winter in ihrer Wiener Wohnung von den Erinnerungen an den Sommer zehren.

Seit Marlene denken kann, zieht es sie in die Berge. Vor zehn Jahren sehnte sich die Kommunikationsexpertin nach einer Auszeit von Job und Alltag und verbrachte vier Wochen in einem Schweizer Almbetrieb. Dort kam sie zum ersten Mal mit dem Käsen in Berührung und war schlagartig fasziniert: „Das war so toll! Das hat mich so glücklich gemacht“, schwärmt sie. Aber aus dem Alltags-Hamsterrad auszubrechen dauerte eine Weile.

Irgendwann fasste sie den Mut, kündigte ihren festen Job, machte sich selbstständig und fünf Jahre später erlebte sie den ersten richtigen Almsommer in der Schweiz. Sie schaute einem Senner über die Schulter und lernte von der Pike auf alles über das Käse-Handwerk: „Es ist so faszinierend, eingebettet zu sein in so einen Kreislauf aus Natur und Tier!“

Marlene spricht über das Käsen wie andere über Meditation: „Ich bin da in einem richtigen Flow!“ Wenn sie die Käseränder vom Vortag abschneide oder die Laibe in ein Salzbad lege, versinke sie ganz im Hier und Jetzt.

Milch von der Alm ist ein Geschenk der Natur

Käse ist nicht gleich Käse. Das hat Marlene auf den Almen gelernt. Vor allem ist Bergkäse nicht gleich Almkäse: „Die Milch da oben auf den Almen ist vorzüglich“, erklärt sie. Die weidenden Kühe und Ziegen fressen Blumen und Gräser mit speziellen Aromen und ätherischen Ölen. Dadurch bekomme die Milch einen besonderen Duft und Geschmack.

„Käse spiegelt eins zu eins die Qualität der Milch wider“, sagt sie. Und diese so zu verarbeiten, dass man am Ende ein Stück Käse auf dem Teller habe, braucht viel Zeit und Geduld.

In ihrem zweiten Almsommer stand Marlene bereits am dritten Tag allein im Käsekeller – mit 500 Liter schwimmender Milch im Kessel. „Da war ich schon aufgeregt“, gesteht sie. Doch am Ende wurde daraus eine runde Sache: Pro Tag produzierte sie etwa 25 Käselaibe – und war mächtig stolz auf ihre Arbeit.

Seither verbringt Marlene ihre Sommer auf Almen. Jedes Mal auf einer anderen, denn sie liebt es, Erfahrungen zu sammeln und zu wachsen. „Ich fühle

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