Kommen unter Strom

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VERSORGER EUROPA

Steigende Zinsen brachten der kapitalintensiven Branche starken Gegenwind, der sie an der Börse ausbremste. Jetzt scheint der Trend zu drehen. Versorgeraktien dürften nachziehen

Die Experten von HQ Trust, dem Multi-Family-Office der Familie Harald Quandt, wollten es genau wissen: Welche Branchen an der Börse profitieren am stärksten von fallenden Zinsen? Dazu untersuchte Analyst Sebastian Dörr zwanzig Sparten in Europa auf ihre Zinsreagibilität. Resultat: „Defensive Sektoren schnitten in Phasen fallender Zinsen am besten ab.“ Konkret waren das Konsum, voran Nahrungsmittel plus Getränke sowie der Handel drumherum, ferner Gesundheit und insbesondere auch Versorger. Letztere brachten vor allem in den vier größeren Zinssenkungsphasen von zehn Monaten und mehr seit 2000 zum breiten Markt eine Mehrrendite zwischen 18 und 46 Prozent.

Das ist zwar keine Garantie für die Zukunft, aber doch ein klares Indiz. Denn auch jetzt kündigt sich in Europa eine neue, wohl längere Phase sinkender Zinsen an. Die Notenbanken der Schweiz und Schwedens preschten bereits vor. Von der EZB wird der erste Schritt im Juni erwartet. Weitere dürften folgen. Die Kapitalmärkte sollten dann mitziehen.

VIELE QUELLEN: In einem energetischen Zeitalter sind Strom, Wärme und Wasser ein verlässliches Geschäft

Saftiger Abschlag. Auch die Versorger-Aktien beginnen sich bereits zu regen. Der MSCI Europe Utilities Index legte seit März rund zehn Prozent zu. Es dürfte weitere Luft nach oben bestehen. Die Finanzagentur Morningstar hält die Aktien europäischer Versorger an der Börse für um im Schnitt 20 Prozent unterbewertet. „Ein ungewöhnlich großer Abschlag“, kommentiert Analyst Michael Field.

Zinsbremse lockert sich. Versorger, im Börsenjargon auch „Utilities“, sind insbesondere die Lieferanten von Strom, Wärme und Wasser sowie die Entsorger von Abwässern und Abfall. Häufig handelt es sich hier um kapitalintensive Firmen mit teils hohen Schulden. Steigende Zinsen sind so Gift. „Sinkende Gaspreise haben die Stromerzeuger getroffen, während die hohen Zinsen den gesamten Sektor durch erhöhte Schuldendienstkosten belastet haben“, erklärt Branchenkenner Field mit Blick auf Europa. Die Folge am Aktienmarkt: Versorger machten den nach dem Ukraine-Schock 2022 einsetzenden Börsenaufschwung nicht mit.

Hinzu kommt, dass viele der Gesellschaften bei ihrem wenig konjunktursensiblen, einnahmenstarken Geschäft schöne Dividenden zahlen. Deswegen werden ihre Aktien, obwohl meist weniger kursdynamisch, häufig auch gekauft. Mit den höheren Zinssätzen erwuchs hier Konkurrenz von der Anleihenseite. Dies könnte sich künftig wieder umdrehen.

Bei den Versorgern handelt es sich indes keineswegs um eine homogene Sparte. Stromlieferanten bilden die Schwergewichte, hängen aber zurück. Netzbetreiber und vor allem Wasse

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