Paten des Hasses

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Sie kämpfen und morden und schüren die Judenfeindlichkeit weltweit. Auf den Spuren einer unheimlichen Familie

Nach dem Terror Der Häftling Marwan Barghouti im Jahr 2012
Foto: Abir Sultan/dpa

Als die israelischen Spezialkräfte ausrückten, ahnten sie nicht, dass sie an diesem Tag Geschichte schreiben würden. Die Soldaten der Sondereinheit Duvdevan waren eben erst von einem Einsatz im Westjordanland zurückgekehrt. Nun mussten sie wieder los, in Kampfmontur, die Sturmgewehre im Anschlag. Endlich sollten sie Marwan Barghouti fassen, Israels meistgesuchten Mann.

Wochenlang hatten sie den Palästinenser gejagt, immer war er ihnen entwischt, ein Phantom, das Israel mit Gewalt überzog: Verwundete, Tote, Bilder des Schreckens, das war Barghoutis Bilanz. Es sei völlig legitim, Anschläge auf jeden Israeli im Westjordanland zu verüben, sagte er einmal. Am Ende mordete seine Bande auch mitten in Tel Aviv.

Barghouti, Jahrgang 1959, hatte es weit gebracht in der Hierarchie des Grauens. Als militanter Generalsekretär der Partei Fatah und enger Vertrauter von Palästinenserführer Jassir Arafat erledigte er die blutige Drecksarbeit. Er hatte Macht und Einfluss. Hemmungen hatte er nie.

Vom Nimbus des berüchtigten Verbrechers war an diesem Apriltag des Jahres 2002 wenig übrig. Im Südosten der Stadt Ramallah hatte sich Barghouti in der Wohnung eines Freundes verschanzt. Dort zerrten ihn die Soldaten hinter dem Sofa hervor. Für Israel war es ein Tag der Hoffnung.

Marwan Barghouti wurde zu fünfmal lebenslanger Haft verurteilt. Er habe Anschläge organisiert, Selbstmordattentäter mit Sprengstoff ausgestattet, den Gewaltausbruch im Westjordanland nach der Jahrtausendwende orchestriert, die sogenannte Al-Aksa-Intifada. Nun verschwand er hinter Gittern. Ganz weg war er dennoch nie. Sein Porträt prangt in Ramallah auf Plakaten und Hausmauern, seine Anhänger ehren und feiern ihn.

Verbrecher und Hoffnungsträger Im Westjordanland wird Marwan Barghouti von vielen für seine Bluttaten verehrt
Fotos: Nasser Shiyoukhi/dpa, Franka Bruns/dpa, Rob Stothard/Getty Images

Jetzt können sie sogar auf Barghoutis vorzeitige Haftentlassung hoffen.

Als die Terroristen der Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel einfielen, töteten sie 1200 Menschen und nahmen mehr als 240 Geiseln, die sie in den Gazastreifen verschleppten. Im November kamen vor allem Frauen, Kinder und einige ausländische Staatsangehörige frei, aber mehr als 130 sind noch immer in der Gewalt der Hamas. Um sie wird seitdem gerungen. Ägypten und Katar vermitteln bei den Verhandlungen. Strittig ist nicht nur die Dauer der von der Hamas geforderten Waffenruhe. Es geht vor allem um die Frage, wie viele und welche in Israel einsitzenden Gefangenen im Gegenzug freigelassen werden. Ein hochrangiger Häftling ist der Hamas dabei besonders wichtig: Marwan Barghout

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